Als Übersetzer waren tätig: Ludwig Most (Bremervörde), Günter Müller (Erfurt), Germany
Die Art und Weise, wie wir uns kleiden, um uns vor Kälte, Hitze oder schwierigen Bedingungen zu schützen, indem wir eine bestimmte Art von Arbeit verrichten, zeugt von der Zeit, in der wir leben. Nicht nur! Kleidung verschönert, informiert auch über die soziale Stellung oder unsere Ansichten. Mit einem Wort – Mode ist wichtig für den Menschen. Das einundzwanzigste Jahrhundert ist eine Ära der Freiheit in der Art und Weise, sich zu kleiden, trotz aufkommender Trends und Empfehlungen von Modehäusern. Dies war nicht immer der Fall; wie wir sehen werden, wenn wir die neueste Episode von Dr. Ewa Gwiazdowskas Opo-News über die Mode in den Werken von Ludwig Most lesen. [J.G.]
Dr. Ewa Gwiazdowska Auf dem Weg zu Most
Expedition LXXIV
Modezeitschriften
In der Antike waren die Quellen der Mode die Anforderungen an Etikette und Geschmack, die an den Höfen der Herrscher vorherrschten. Von dort aus verbreiteten sich Modemuster in der Aristokratie, im Adel und dann in anderen Schichten der Gesellschaft. Im achtzehnten Jahrhundert war mit einer Bildungserweiterung in vielen Bevölkerungsschichten auch eine größere Verbreitung von gedruckten Publikationen zu verzeichnen. Es wurden bereits Modebetrachtungen in Kalendern und Zeitschriften vorgenommen, die sich besonders an Frauen richteten, die Zeit zum Lesen hatten. Nicht viel später wurden separate Modemagazine veröffentlicht. Im neunzehnten Jahrhundert waren solche Modezeitschriften bereits weit verbreitet. Von dort bezogen unter anderem sowohl Grundbesitzer als auch Stadtbewohner ihre Anregungen zur Auswahl der Kleidungsstücke. Ludwig Most, der sie in Genreszenen, auf Landschaften und Porträts sowie in Skizzenbüchern darstellte, erinnerte an die damals vorherrschende Mode.
Ein ansprechender Look
Most skizzierte ein Porträt einer unbekannten Frau, die im Sommer 1829 während einer Sommerpause in seinem Studio seitlich auf einem Stuhl saß. Wir wissen nicht, wer die Dame war oder wozu ihr Studioporträt dienen sollte. Der Blick dieser noch jungen Frau, der auf den Betrachter gerichtet ist, drückt die Erwartung oder vielleicht nur Neugier auf etwas Bestimmtes aus. Man glaubt, sie gleich aufstehen zu sehen, um es uns zu sagen. Sie ist bescheiden, aber elegant gekleidet. Ihr langes, frei fallendes Kleid ist unten mit Spitze besetzt. Der Mieder wird vorn mit einer Reihe von Knöpfen verziert und an der Taille mit einem Gürtel bedeckt. Die Nähte an den Schultern dienen zur Dekoration und zur besseren Anpassung an die Figur. Die eher lockeren Ärmel sind am Oberarm leicht verbreitert und verjüngen sich nach unten. Der breite Kragen des Hemdes mit dem in Halbkreisen geschnittenen Saum ist ein schickes Zierelement. Die junge Frau schob die Schürze zur Seite, um das Kleid besser wirken zu lassen. Auf dem Kopf hat sie einen asymmetrisch gebundenen Schal, dessen Ende bis zur Taille hinunterfließt. Sie bedeckte ihre Hände mit Handschuhen. In der Tat ist sie eine mysteriöse Figur.
Abschied
Die Skizze dieser Frau, dargestellt als anonyme Person mit kaum umrissenem Gesicht, entstand vermutlich im Winter 1830 in Berlin. Für den Künstler, so scheint es, war das einzige, was zählte, die Kleidung der Dame, die ihre Hand mit einem Taschentuch hob, um jemandem zu winken, der sie verließ. Eine junge Frau dreht sich zur Seite, und in der Art und Weise, wie ihr Kopf angehoben wird, sehen wir Bedauern darüber, dass sich jemand entfernt hat. Zu diesem Abschied kleidete sie sich in ein Kleid mit einem engen Oberteil und einem langreichenden Rock, mit einem Gürtel an der Taille. Das Oberteil ist verziert durch diagonale Streifen, die von den Schultern bis zur Mitte der Taille verlaufen. Das Kleid hat Ärmel in Form von kurzen Puffs, was darauf hindeutet, dass der Abschied im Inneren stattfindet oder die Zeichnung in der warmen Jahreszeit gemacht wurde.
Auf der Terrasse des Museums in Berlin
Elegant gekleidete Damen, begleitet von einem Offizier, ruhen sich nach einem etwas anstrengenden Ausstellungenrundgang auf dem Dach des Alten Museums in Berlin aus. Eine von ihnen denkt an die jüngsten ästhetischen Erfahrungen vom Museumsrundgang zurück. Die zweite diskutiert mit dem Offizier über die Kunstwerke, die besichtigt wurden. Beide können an einem schönen, sonnigen Tag saubere Luft genießen. Sie sind in harmonisierenden Farben gekleidet. Die in der Rückansicht stehende Dame trägt ein kirschrotes Kleid, das mit Rüschen verziert ist. Die Ärmel ihres Kleides bestehen aus kleinen Puffs und transparenten langen Ärmeln aus Tüll. Man hat den Eindruck, als ob sie nicht da wären. Die Dame bedeckt ihre Arme mit einem beigen Schal, und in ihrer Hand hält sie eine mit Rüschen besetzte Stofftasche. Ihre Frisur mit einem Knoten und mit Locken über der Stirn wurde von dem Maler präzise wiedergegeben. Die andere Frau trägt ein grau-olivfarbenes Kleid mit langen Ärmeln und einen bordeauxroten Schal, der mit einer Applikation besetzt ist. Sie bedeckt ihren Kopf mit einem breitkrempigen Strohhut, verziert mit Bändern, die an ihren Schläfen in einer großen, ausgefallenen Schleife gebunden sind. In der Nähe, hinter einem Sockel mit der Figur eines Dioskuren, steht ein junges Paar. Beide unterhalten sich und bewundern das weite Panorama der Stadt. Die junge Dame trägt ein lila Sommerkleid, das an der Taille mit einem Gürtel zusammengedrückt wird. Ihre Oberarme bedeckt sie mit einem großen, durchsichtigen Tülltuch, dessen Ende bis zur Taille hinunterfließt. Ihr Haar ist auch mit einem Knoten versehen.
Aufmerksame und liebevolle Mutter
Most, der Material sammelte, um ein Bild mit einem Panorama von Berlin vom Dach des Alten Museums aus zu malen, fertigte eine Reihe von vorbereitenden Skizzen an. Eine davon war eine Zeichnung einer Mutter, die neben ihrem Sohn kniet und dem sie die Gebäude erklärt, die sie sich ansieht. Die Frau hat entsprechend der Jahreszeit ein Kleid an, das mit einem auffälligen Kragen um ihren Hals und Oberkörper ausgestattet ist. Das halbkreisförmig ausgebildete Kragenteil ist im Halsbereich als Stehkragen und im Schulter- und wohl auch im Brustbereich mit Rüschen am Saumende überlappend auf das Kleid aufgesetzt. Das Kleid ist an der Taille gegürtet und mit einem weiten Rockteil versehen. Unter dem Kleid sieht man den Saum des Unterrocks teilweise hervorschauen. Die Ärmel des Kleides sind ziemlich schmal und verjüngen sich von den Schultern bis zu den Händen, die aus den gekrausten Manschetten der Ärmel herausragen. Die Frau hat eine enge Mütze auf dem Kopf, die ihre dichten Locken nicht komplett bedecken. Auf diese Mütze setzte sie noch eine runde, flache Kappe auf. Auf dem Gemälde ist die Frau etwas anders gekleidet, mehr in Übereinstimmung mit der Jahreszeit und wohl auch mit den Kostümen anderer Museumsgäste. Auf einem langen, sommerlichen, weißen Kleid hat sie dort eine enge, schwarze Jacke an. Am Hals schaut ein breiter, flacher Kragen des Kleides hervor.
Sonniger Tag, fast wie in Griechenland
Die von Karl Friedrich Schinkel entworfene Säulenfassade des Alten Museums hätte für Berliner eine Griechenlandreise ersetzen können. Besonders an frischen, sonnigen Tagen war es angenehm, dort zu laufen und das Grün des Lustgartens sowie die in der Ferne sichtbaren Neubauten Berlins zu bewundern. Ludwig Most stellte eine Frau unter den Kolonnaden dar, die in Begleitung eines Herrn spazierte. Sie ist warm gekleidet; aber ziemlich ungewöhnlich, wenn es um die Wahl der Farben geht. Wahrscheinlich ist es im April oder im kühlen Anfang des Monats Mai. Die Dame trägt ein langes blaues Kleid. Ihr Oberkörper ist mit einer braunen Jacke bedeckt. Zu diesen Farben fügte sie einen großen himbeerroten Schal hinzu, der die Hüften umgiebt. Ihre Frisur ist mit einer braunen Dekoration verziert; mit einer Kammart, die an Ornamente erinnert, die von japanischen Frauen getragen werden. Ganz anders, bescheiden, aber geschmackvoll, eine junge Mutter, die aus der entgegengesetzten Richtung mit einem Kind an der Hand kommt. Sie trägt ein ziemlich schmales, langes, graublaues Kleid, das an der Taille gegürtet ist und am unteren Saum mit einer breiten Borte besetzt ist. Die Ärmel des Kleides sind im oberen Teil ziemlich breit und von den Ellbogen bis zu den Handgelenken eng. Auf dem Kopf hat die Mutter einen großen, braunen Hut.
Gemütliche, heimelige Atmosphäre
Die Szene voller häuslicher Wärme spielt sich wahrscheinlich im Winter ab. Most stellt seine Frau vor, die sich mit Handarbeiten beschäftigt und gleichzeitig das Spiel ihres kleinen Sohnes Karl Hermann begleitet. Es muss ziemlich kühl im Raum sein, da die Frau so warm gekleidet ist. Sie trägt ein faltenreiches Kleid aus dicker Wolle. Das Oberteil des Kleides mit einer hohen Taille ist im Brustbereich eng mit Falten besetzt. An der Taille wird das Kleid mit einem Streifen hellen Stoffs gebündelt. Unter dem Hals endet das Kleid mit einem klappbaren Kragen. Die Ärmel des Kleides sind im oberen Teil voluminös, vom Ellbogen abwärts werden sie eng; in Polen spricht man vom Schnitt des sogenannten Schafbeins. Der Kopf der jungen Mutter ist mit einer hohen, weißen Kappe bedeckt, die rund um das gesamte Gesicht mit Rüschen besetzt ist. Im Pommerschen Landesmuseum in Greifswald lagert eine Studie zum Gemälde, deren Reproduktion die betreffende Grafik ist. In dieser Studie ist das Kleid olivfarben und die Schürze zart rosa.
Im kalten Winter
Ein paar Jahre später malte Most an eine junge Mutter, die sich mit ihren Kindern in einem kühlen Raum aufhält. In der Wohnung gibt es ein festliches Durcheinander nach dem Geschenk zu Weihnachten. Die Frau sitzt unter dem Fenster, auf dessen Fensterbank sie die Handarbeit gelegt hat. Sie ist damit beschäftigt, das Baby in der Wiege zu schaukeln und den älteren Bruder zum Schweigen zu bringen. Sie hat ein dickes Wollkleid an, dessen Schnitt dem ähnelt, das sie fünf Jahre zuvor getragen hat, aber in einer völlig anderen Farbe. Jetzt ist das Kleid lachsfarben. Die sich ändernde Mode lässt den oberen Teil des Körpers breiter und breiter erscheinen. Daher waren die Ärmel unterhalb der Schultern noch globiger und vom Ellbogen abwärts wurden sie sehr eng. Die Mutter bedeckt den Rock mit einer hellrosa oder weißen Schürze. Vielleicht wurde der Farbton im Gemälde durch die bestehende Situation in der Umgebung beeinflusst – die warme, scharlachrote Farbe des Vorhangs am Fenster. Am Hals wird das Kleid von einem breiten, weißen Kragen bedeckt. Die Frisur der Frau hat eine neue Form. Die Haare auf der Rückseite sind zu einem Knoten gebunden. An der Vorderseite, über der Stirn, sind sie mit einem Mittelscheitel glatt gekämmt und an den Seiten des Kopfes in Zöpfe verflochten, die an den Schläfen zu Affenschaukeln gerollt werden.
Als Übersetzer waren tätig: Ludwig Most (Bremervörde), Günter Müller (Erfurt), Germany
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