Als Übersetzer waren tätig: Ludwig Most, Günter Müller, Bremervörde, Erfurt (Germany)
Welche interessanten Informationen über Ludwig Most hat in dieser Episode von Opo-news Dr. Ewa Gwiazdowska für uns? Nun, wir ziehen nach Böhmen, in die Tschechische Republik, und folgen der Malspur seiner Expedition. Mit den Mitteln des Malstudiums des Künstlers können wir die religiösen Bräuche der sehr frommen böhmischen Bauern kennenlernen. Das ist noch nicht alles. Der Maler dokumentiert, wie ein ehrgeiziger Ethnographenforscher, auch prächtige Festkostüme auf abgebildeten Personen aus dem Abendgebet der böhmischen Bauern aus dem Jahr 1851, einer Studie für ein Gemälde, Öl auf Papier im Besitz des Nationalmuseums in Stettin. Und es gibt etwas zu sehen! [J.G.]
Dr. Ewa Gwiazdowska Most “ein besonderer Tourist”
Böhmen Was Sie wissen sollten 1
EXPEDITION XIX
Heuwagen

Most reiste mehrmals nach Böhmen. Wir wissen das von seinen Notizen in Skizzenbüchern, von Zeichnungen und Gemälden. Zu dieser Zeit war die in Böhmen lebende Bevölkerung sehr fromm. Das zeigen mehrere Werke von Ludwig Most. Ein interessantes Material sind die vorbereitenden Kompositionen für das Gemälde Abendgebet der böhmischen Bauern. Viele Maler des neunzehnten Jahrhunderts stellten Volksbräuche im Zusammenhang mit der Religion dar. Szenen aus dem Leben der italienischen Bauern waren beliebt. Den Bewohnern des Nordens erschienen sie sehr exotisch. Most, der sich auf diese Kompositionen bezog, bemerkte die Exotik nicht weit entfernt, bei den Böhmen. Er zeigte einen Heuwagen, der vom Feld zurückkehrte. Der Wagen hielt am Abend vor einer Kapelle, die auf einem Hügel oberhalb des Dorfes errichtet wurde. Ein Kind sitzt im Heu, und eine Gruppe von Bauern betet zur Mutter Gottes. In der Ferne liegt eine weite, hügelige Vorgebirgslandschaft. Am Himmel fließen langsam Wetterwolken rosa durch die untergehende Sonne. Aus dem tiefen Tal steigen weitere Schnitter in Richtung Kapelle auf.
Exotisches Thema

Die Aufmerksamkeit des Betrachters wird von einer Frau auf sich gezogen, die an der Spitze der Gruppe kniet. In einer separaten Studie zeigte Most die Frau sehr genau. Sie sieht nicht wie eine arbeitende Bäuerin aus, die auf dem Feld Heu mit einem Rechen bündelt oder mit einer Gabel Heubündel auf den Wagen lädt. Der Maler wollte sicherlich das reiche, festliche Aussehen einer typisch böhmischen Frau dokumentieren und zeigen. Die Frau trägt ein weißes Hemd mit Rüschen an den Handgelenken. Die angenähten Ärmel sind an der Nahtstelle mit schwarzem und rotem Faden verziert. Um den Hals trägt sie einen gelben Schal mit buntem Muster, der bis auf die Brust reicht. An den schwarzen Schalenden gibt es eine Verbindung und gleichzeitig eine Verzierung durch einen roten Faden. Reichlich Falten eines schweren, doppelten Rocks mit einem dunkelblauen Unterteil und einem blau-roten Oberteil bedecken die Hüften und Beine der Frau. In ihren Ohren hat die Frau Ohrringe mit Perlen und auf ihrem Kopf einen fantasievoll gebundenen dunkelblauen Schal mit einem bunten Muster.
Rotkäppchen

Neben der Frau kniet ein Mädchen, das ihre Hände auf ihrer Brust verschränkt hat, als würde sie etwas vor sich halten. Auf der Detailstudie zum Bild sieht das Kind etwas anders aus. Es ist älter und seine Hände sind im Gebet gefaltet. Es schaut jedoch nicht auf die Madonnenfigur. Beschämend neigt es den Kopf und schaut gleichzeitig neugierig in die Richtung, in der wohl Most steht und ihr Porträt skizziert. Das Mädchen trägt ein weißes Hemd mit weit hochgekrempelten Ärmeln, einen dunkelblauen Mieder und einen braunen Rock. Ihr Überrock ist rotbraun mit vertikalen, weißen Streifen. Sie trägt ein rotes Kopftuch, das unter dem Kinn gebunden ist. Unter dem Tuch sieht man dunkelbraune Haarsträhnen, die die Stirn umgeben. Diese Kleidung wurde vermutlich von dem Kind bei der Arbeit auf den Feldern getragen. In dem neben ihr abgestellten Behältnis befand sich möglicherweise die Essensmahlzeit für die Feldarbeit.
Stilvoll

Der Junge in der Detailstudie ist sehr unterschiedlich gegenüber dem Jungen dargestellt, der in der Studie für die gesamte Komposition hinter dem Mädchen kniet. Bei diesem Einzelbild scheint er auch älter zu sein. Dieser knieende, blonde Junge hat einen feinen Ponyhaarschnitt, der an den Schläfenseiten modisch gekämmt ist. Die Ärmel des weißen Hemdes des Jungen, die an den Schultern stark gerafft sind, verjüngen sich stark zu den Handgelenken hin. Um den Hals ist ein schwarz-rot-weißer Schal gebunden, der bis in den Bauchbereich ragt. Er trägt eine schwarze Hose und feine Lederschuhe. Über seiner Schulter hängt legär ein schwarz-blauer Mantel. An einem Ledergürtel ist ein zylinderförmiger Behälter befestigt, der scheinbar für die Aufnahme der neben ihm liegenden Spritze dient, die wiederum zur Bienenbegasung gedacht sein könnte. Vielleicht ist der Junge der Assistent eines Imkers. In seiner Hand hält der Junge einen riesigen schwarzen Hut, der mit Blumen geschmückt ist. Sein ganzes Äußeres scheint wie für eine Parade hergerichtet zu sein.
Ländlicher Philosoph

Hinter der betenden Frau in eleganterer Kleidung steht ein schlecht aussehender, älterer Mann mit einem mageren, faltigen Gesicht. Er schaut zu Boden. als ob er dort etwas gesehen hätte. Der Ausdruck in seinen Augen deutet jedoch darauf hin, dass er in seine eigenen Gedanken eingetaucht ist. Auf einem weißen Hemd hat er eine dunkle, gestrickte Weste mit horizontalen Streifen. Am Hals des Bauern hängt locker ein dunkelroter Schal. Er trägt eine dunkle Lederhose und über einer Schulter hängend ist ein zerzaustes “Etwas” zu sehen, das auf einen wollenen Mantel oder an die dahinter stehenden Heufuhre in der Gesamtkomposition verweist. In der Hand hält er einen abgenutzten und deformierten alten Lederzylinder vor sich.
Geheimnisvolle Teresa von Wilkowitz

Erst durch eine weitere Studie erfahren wir, wo Most die Figuren für sein Gemälde skizziert hat. Er war nämlich im Dorf Wílkowitz bei Marienbad. Dieses Geheimnis kann aus der Beschreibung einer Frau, die neben einem älteren Mann betet, enträtselt werden. In der Studie für das Gemälde hält sie einen Rechen auf der Schulter. Für die Charakterstudie wird der Stiel des auf dem Boden stehenden Rechens unter dem Arm gehalten, damit er nicht fällt. Sie wurde auch in Arbeitskleidung porträtiert. Ihre weißen Hemdärmel sind in einem Schnitt, der die Ärmel überaus voluminös erscheinen lässt. Sie sind zudem sehr faltig und und reichen von der Schulter bis zum Ellenbogen. Über ihren dunkelblauen Mieder trägt sie einen bunten Schal, der mit Quasten besetzt ist. Ihr unterer Rock ist dunkelblau und reicht bis zur Wade. Der obere, dunkelrote Rock ist vor ihr angehoben, um darunter etwas zu verbergen. In der Hand trägt sie noch ein dunkle Tasche. Ihre dunkle Mütze ist mit einem dunkelroten Band verziert, das vorn gebunden ist – ein charakteristischer Schnitt, den Most oft in den Skizzenbüchern darstellte. Teresa ergänzte dieses Äußere unerwartet nicht nur mit Ohrringen, sondern auch mit Korallen und einem Muschelanhänger. Die Frau blickt mit einem so traurigen Gesichtsausdruck nach vorn, dass sie sofort Sympathie für ihre unbekannten Schäden des Schicksals weckt.
Betender Hirte

Eine der Studien zeigt einen Mann, der bei der Studie für das Bild überhaupt nicht dabei ist. Der Kutscher, der die Ochsen hält, die an einer Wagenseite stehen, wurde durch einen knienden Hirten ersetzt, der inbrünstig mit gesenktem Kopf betet. Ein schlanker, älterer Mann mit schulterlangen hellen Haaren ist in hellbrauner Kleidung dargestellt. Er trägt einen langen Mantel, unter dem man eine Weste und einen Schal sehen kann, der um den Hals gelegt ist und auf die Brust fällt. An den Beinen hat er schmale Hosen und hohe Stiefel. In seinem Arm hält er den knorrigen Stock eines Hirten.
Weinend

Die letzte, der in der Studienmappe dargestellten Figuren, ist eine Frau, die kniet und sich beim Beten stark nach vorn beugt. Auf der Charakterstudie sieht sie ähnlich aus, wie in der Studie für das Gesamtbild. Unter dem Kopftuch kann man ihr Gesicht nicht sehen, da es teilweise durch die Falten des Stoffes versteckt ist und teilweise durch die hoch erhobenen betenden Hände verdeckt wird. Die Frau sieht aus, als würde sie weinen oder tief in das Gebet versunken sein. Sie wird in Arbeitskleidung, mit Farben, wie bei ihren Nachbarn dargestellt. Sie trägt ein weißes Hemd, einen Doppelrock in Rot-Blau und einen großen blauen Schal.
Fernando der Stier

Unter Mosts Studien ist auch der Kopf eines der Ochsen erhalten geblieben, der einen Heuwagen zieht. Dieser Kopf ist unter der Hand des Kutschers zu sehen, der die Tiere hält, damit sie während des Gebets einer Gruppe von Dorfbewohnern nicht auf die Straße gehen. Der Stier blickt tapfer unter den stattlichen Hörnern nach vorne. Auf dem Kopf ist das Stirnjoch, zum Anspannen des Tieres an den Wagen, sichtbar.
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