Als Übersetzer waren tätig: Ludwig Most, Günter Müller, Bremervörde, Erfurt (Germany)
Das Jahr 1834 gestaltete sich für Ludwig Most als sehr spannend und arbeitsreich. In den nächsten Opo-News von Dr. Ewa Gwiazdowska erfahren wir, dass sich der Künstler damals in Stettin aufhielt. Er bereitete seine Werke für die erste Ausstellung in unserer Stadt vor. Gleichzeitig war er Mitbegründer der ersten Stettiner Vereinigung von Künstlern und Kunstliebhabern, dem Kunstverein für Pommern. Natürlich stand der gleichzeitigen Arbeit an einem interessanten Bild nichts mehr im Wege. Das “Böhmische Schenke”, weil wir darüber sprechen, befindet sich derzeit im Nationalmuseum in Stettin. Dank Dr. Ewa Gwiazdowska werden wir viele interessante Details erfahren und reicher im Wissen über die Zeit sein, in der der Künstler lebte und schuf. [J.G.]
Dr. Ewa Gwiazdowska Most “ein besonderer Tourist”
Böhmen Was Sie wissen sollten 4
EXPEDITION XXII
Etwas für Körper und Geist
Die Böhmen des neunzehnten Jahrhunderts widmeten der Seele nicht nur Zeit, indem sie beteten und an religiösen Feiertagen teilnahmen. Sie verbrachten gern Zeit für die Freuden von Körper und Geist, die in Gasthöfen, Schenken oder Tavernen erhältlich waren. Dort wurde ihr Leben von einem Gast aus Pommern eingefangen. Eine der interessantesten und umfangreichsten Ansichten der Innenräume der Gasthäuser ist die Schenke, dessen Inneres 1834 von Most gemalt wurde. Wahrscheinlich entstand das Gemälde auf der Grundlage zuvor gesammelter Skizzen und Studien, denn in diesem Jahr war der Künstler am gesellschaftlichen Leben von Stettin beteiligt. Er bereitete seine erste Ausstellung vor und war Mitbegründer des ersten Stettiner Künstler- und Kunstliebhabervereins für Pommern.
Fröhliche Gesellschaft
Werfen wir mit Most einen Blick auf die Böhmische Schenke am Sonntagnachmittag. Der Maler zeigte die versammelten Gäste und das Personal in mehrere Gruppen aufgeteilt. In der Mitte eines hohen, gewölbten Innenraums am Haupttisch feiert eine große Gruppe von Frauen und Männern. Individualgäste werden ganz natürlich vorgestellt. Sie genießen spontan die Freiheit; trinken, reden, prahlen, flirten. Diese Kundengruppe des Gasthauses sieht jedoch recht originell aus. Jeder von ihnen ist anders gekleidet. Die Szene gleicht einer Einstellung wie von einem Laufsteg für Models. Most mit seiner typischen ethnographischen Leidenschaft beschloss, die Vielfalt der regionalen Kostüme und derjenigen, die von Vertretern verschiedener Berufe getragen wurden, zu zeigen. Besonders hervorzuheben ist eine junge Mutter, die uns den Rücken zukehrt und ein Kind auf dem Schoß hält. Sie trägt einen roten, gerüschten Rock, eine grüne, enge Jacke mit Pelzkragen sowie eine violette Satinmütze mit weißem Saum und einer Schleife im Nacken.
Katzentisch
Auf der linken Seite, neben einem großen Arkadenfenster, sitzen wohl drei Juden. Sie repräsentieren drei Lebensabschnitte. Der junge Mann hat sich bereits betrunken, legt den Kopf auf den Tisch und schläft. Ein reifer Mann mit einem dunkelgrauen Schafshut, liest als Zweiter eine Zeitung. Der Dritte, ein alter Mann mit einem dicken, grauen Bart und mit einem langen Umhang aus Rehkitzfell sitzt nachdenklich neben dem Zeitungsleser. Vor ihm steht ein großer Steingutkrug und ein Trinkglas.
Musikspiel
Auf der linken Seite im Hintergrund öffnete sich plötzlich eine verglaste Tür in der Arkadennische und Musiker kommen in den Saal. Als Erster erscheint mit einem konischem Hut auf dem Kopf ein spielender Geiger, der die Ankunft ankündigt. Hinter ihm tritt ein Musiker in einem braunen Stoffumhang ein, der ein Cello oder Kontrabass trägt. Der Letzte ist ein Oboist, der mit gehobenem Kopf und schwarzen Zylinder bereits sein Instrument bläst.
Separater Raum
Im hinteren Teil des Zimmers, auf der rechten Seite, ist die hölzerne Arkadentür halb geöffnet und ein Blick auf eine andere Gruppe von Gästen erscheint vor uns. Sie schlemmen in einem separaten Raum. Vielleicht feiern sie eine Art Familien- oder Gesellschaftsfeier. Drei Männer der Gruppe sind zu sehen.. Einer von ihnen gießt Bier aus einer hohen Kanne in einen Becher mit Deckel. Ein anderer hebt ein Gefäß mit einer brennenden roten Feuerflamme nach oben, die sein kräftiges Gesicht sowie das Gesicht des Mannes, der neben ihm sitzt, beleuchtet. Es scheint, als ob Most durch das Malen dieses Motivs beschlossen hat, nach der Tradition der Darstellung der Auswirkungen von Kerzenlicht zu arbeiten, die aus Gemälden des siebzehnten Jahrhunderts bekannt sind. Der Meister solcher Effekte war der französische Maler Georges de la Tour, der in den Jahren 1593-1652 lebte.
Die Wirtsfrau und ihr Helfer
Eine interessante Szene ist auf der rechten Seite des Bildes zu beobachten. Auf dem näher gelegenen brennenden Ofen sehen wir ein weiteres Motiv des Feuers, das die menschliche Figur erleuchtet. Hier schürt ein kleiner Helfer, oder vielleicht verbessert der Sohn des Gastgebers das Feuer im Ofen. Ich glaube, er hatte gerade Kohle oder Holz aus dem Korb daneben hinzugefügt. So wird durch die noch geöffnete Ofentür das Gesicht des Kindes und die Vorderseite seiner Kleidung durch das Leuchten des Feuers aufgehellt. Hinter dem Jungen, am Buffet, arbeitet eine reife Frau. Mit zwei an einem Ende verbundenen Holzbrettern mit Vertiefungen drückt sie am anderen Stielende mit Armkraft den Saft von zwischengelegten Zitrusfrüchten in ein hohes Blechgefäß. Wahrscheinlich bereitet sie Grog für die Zeremonie vor, die in einem separaten Raum stattfindet. Vor ihr auf dem Buffetstand befinden sich verschiedene Gerichte und auf einem großen Teller wird geräucherter Schinken für die Gäste zubereitet.
Reflexionen der niederländischen Pedanterie
Gehen wir noch einmal zurück zur Hauptansicht. Wie viele Motive in diesem Innenraum wurden Most durch die Erinnerung an Gemälde in den Galerien von Berlin oder Dresden diktiert, die im siebzehnten Jahrhundert von niederländischen Künstlern gemalt wurden. Auf dem Bild können wir vier schöne Stillleben bewundern, d.h. Darstellungen, die aus den Motiven von Gefäßen und Geräten, Blumen, Früchten sowie Tieren, Vögeln, Fischen, Möbeln, Büchern, Musikinstrumenten und dergleichen entstanden sind. In Mosts Gemälde ist eine solche Kombination zu sehen bei einer Gruppe von Gerichten, die auf dem Tisch der Feiernden stehen, bei Gegenständen, die um und auf einem Hocker in der Ecke des Raumes abgestellt sind, sowie bei Geschirr und Essen auf der Herdtheke und auf dem Buffettisch. Im hinteren Teil des Raumes über dem Eingang zu einem separaten Raum hängt ein holländisches ….
Tischstillleben
Auf den Glasregalen in der Fensternische befinden sich farbige Alkohole in Glasflaschen, die als Werbeobjekte dienen. An der Wand der Nische hängt ein Käfig mit einem Vogel, an der Säule ein Spiegel und hoch unter dem Gewölbe eine Figur des Heiligen Nepomuk. Es sind dieser Heilige und das Wappen, die bezeugen, dass wir uns in einem gastfreundlichen böhmischen Gasthaus befinden.
Komentarze