Als Übersetzer waren tätig: Ludwig Most, Günter Müller, Bremervörde, Erfurt (Germany)
Ludwig Most dokumentierte seine Epoche und die damals lebenden Menschen mit einem wahrhaft sachlichen Pinsel und Bleistift. Ein ausgezeichneter Beobachtungsort für den Maler waren alle Arten von Tavernen, Gasthäusern, Schenken und ähnliche Vergnügungsstätten – all jene Orte, an denen die sozialen Gewohnheiten der Reisenden und der sie frequentierenden Menschen wie in einer Linse konzentriert waren. Er war auch ein Liebhaber der niederländischen und flämischen Genremalerei des siebzehnten Jahrhunderts. Er kopierte oft die Gemälde seiner Meister, um den Lebensunterhalt für die Familie zu sichern, aber er tat es auch mit großer Leidenschaft. Was waren die Früchte davon? Sie können über all dies in dieser Episode lesen. [J.G.]
Dr. Ewa Gwiazdowska Most “ein besonderer Tourist”
Faszination für die ehemaligen Niederlande
EXPEDITION XXIII
In dieser Episode werden wir uns auf das oft in Ludwig Mosts Gemälden zu findende Thema der Gasthäuser beziehen, die den Künstler ermutigt hatten, niederländische sowie flämische Genrebilder aus dem siebzehnten Jahrhundert zu studieren.
Der Gasthof ist ein ehemaliges Kultur – und Unterhaltungszentrum

Viele niederländische und flämische Maler des siebzehnten Jahrhunderts stellten Genreszenen dar, die in einem Gasthaus stattfanden. Sie dienten dazu, gemeinsame Laster anzuprangern – müßiges Leben, Unordnung, Trunkenheit, Gewalt und Ausschweifungen. Aber indirekt wurden sie zu einem Dokument der Kultur der Ära. Sie erinnern an das Bild der damaligen Gesellschaft und ihrer Umgebung. All dies wurde von Most als Inspiration für seine Werke genutzt.
Glückliche Momente im Gasthaus

Etliche Helden der Gemälde des siebzehnten Jahrhunderts sind eine fröhliche Gesellschaft von reichen Bürgern oder Adligen. In einer Komposition von Dirk Hals (1591–1656), dem jüngeren Bruder von Frans Hals, einem angesehenen Porträtisten, wurden die Gäste des Wirtshauses vor Publikum wie auf der Bühne gezeigt. Sie sitzen in ungezwungenen Posen am Tisch, essen, trinken, rauchen und spielen Karten. Sie tragen exquisite Satinkleidung, garniert mit Spitze und Seidenschärpen.
Das Gasthaus ist ein Paradies für Mörder und unbeschwerte Menschen

Andere Kunden wurden in Dorfgasthöfen beherbergt. Szenen, die Bauern, Kutscher, arme Leute, Vagabunden zeigten, waren wahrscheinlich beliebter, weil es definitiv mehr von ihnen gab. Auf dem Gemälde von Adriaen van Ostade (1610–1685), der ein Spezialist für solche Kompositionen war, sind zwei Gruppen von Gästen zu sehen. Ihre Tischrunden sind durch eine leichte Zwischenwand voneinander getrennt. Sie trinken, rauchen und spielen auch Karten, aber an bescheideneren Tischen. Hier gibt es nicht viel zu essen, nur Brötchen im Korb. Der fröhliche Musiker spielt Geige, aber Zwist und Hader scheint nicht aufhaltbar zu sein. Vielleicht wird es in jedem Moment einen Kampf geben, denn einer der Spieler ist abrupt vom Tisch aufgestanden.
Besuch der Berliner Gemäldegalerie

Auf einer der Seiten des Skizzenbuchs Nr. 12 zeigte Most einen jungen Mann in einer reichen Bekleidung aus dem frühen siebzehnten Jahrhundert, das mit Reihen kleiner Knöpfe geschmückt war. Der Mann trägt einen Wams, eine lockere Hose bis unter die Knie und dazu Hausschuhe mit einer Schleife. Mit Blick auf die versammelte Gesellschaft macht er einen Tanzschritt und verbeugt sich mit seinem Hut. Bei der Vermutung, von welchem Gemälde Most diese Figur kopiert hat, hilft der Name des Malers, der unter den Füßen des Tänzers platziert wurde: Molenaer, sowie der Katalog der Berliner Gemäldegalerie von vor hundert Jahren.
Lösung im früheren Katalog

Der 1911 erschienene Illustrierte Katalog der Berliner Galerie Alter Gemälde, die sich damals im Kaiser-Friedrich-Museum (heute Bode-Museum) und zuvor im 1830 eröffneten Alten Museum befand, enthält wichtige Informationen. Der Katalog berichtet unter anderem darüber, welche Gemälde sich zu der Zeit, als Most das Alte Museum besuchte, in der Sammlung befanden. Dank dessen können Sie das Geheimnis des Ursprungs seiner Skizze lösen. Um 1846 besuchte der Künstler erneut Berlin, die Stadt, in der er 1830 an der Akademie der Künste graduierte. Er führte seine Schritte zu der prächtigen Gemäldegalerie, um das großartige Können der niederländischen Meister zu bewundern.
Tanzpaar

Die Aufmerksamkeit von Most wurde auf ein Gemälde von Jan Miense Molenaer (1610-1668) gelenkt, das ein Fest in einem Landgasthof zeigt. Das Gemälde beeindruckt mit einer aufwendigen figuralen Darstellung. Zahlreiche Gäste, die sich am Tisch versammelt haben, beobachten das elegante Paar, das auf der linken Seite des Raumes tanzt. Der Mann ist genau die Person, die Most in seinem Skizzenbuch festgehalten hat. Der Künstler versuchte, die Kleidung des Tänzers genau widerzuspiegeln.
Most beobachtet die Innenräume ehemaliger Gasthäuser

Ludwig Most studierte am leidenschaftlichsten Gemälde aus dem siebzehnten Jahrhundert, die die Innenräume niederländischer und flämischer Gasthäuser darstellten. Darauf deuten unter anderem die Zeichnungen von zwei Wirtshäusern hin. Er fertigte sie 1848 im Skizzenbuch Nr. 12 an. Eine Skizze des Inneren des Gasthauses nach der Komposition von Hendrick Gerritsz Pot (1585–1657) entstand unter unbekannten Umständen. Most skizzierte mehrere Gäste, die in der Stube saßen. Er achtete aber mehr auf die sonstigen Dinge, die sich im Innenraum befanden, in der Ecke, auf Tischen und Regalen.
… und dokumentiert die Gebräuche

Ein weiteres von Most skizziertes Interieur zeigt eine Gruppe von Gästen, die sich an einem Tisch unterhalten, während ein Kellner vor ihnen steht und aufmerksam wie ein Soldat auf Befehle wartet. Most stellte das Aussehen dieses großen Raumes dar, in dessen Mitte ein großer Ziegelofen stand, der ihn in zwei Räume teilte.
Repräsentatives Sideboard

Für das Thema einer der Skizzen wählte Most ein Sideboard aus dem siebzehnten Jahrhundert mit einer Spiralsäule, die das Gesims des Möbelstücks stützt. Darüber zeigte er eine Reihe von dekorativen Gegenständen, mit denen das Restaurant prahlen wollte. Dies waren hohe venezianische Weinkelche, Gläser für stärkere Getränke, ein Silberkrug mit Deckel, ein Wassergefäß mit einem gewölbten Deckel und eine Teekanne. Im Hintergrund des Schranks skizzierte der Maler ein Fragment des Innenraums mit einem Ofen, einem hohen Schornstein und einer Lampe, die von der beplankten Decke hing.
Ein Fenster zur Welt

Eines der Motive, die Most aus den niederländischen Innenansichten mitnehmen konnte, waren prächtige Fenster. Ein solches Fenster in einer Arkadennische, das ein böhmisches Gasthaus beleuchtet, sieht ähnlich aus wie zum Beispiel in Adriaen van Ostades Gemälde Ländliche Familie im Inneren.
Ergebnisse des Studiums der Gasthäuser in den Niederlanden

Das Kopieren alter Gemälde war eine der Möglichkeiten, seinen Lebensunterhalt zu verdienen und den Willen von Kunstliebhabern zu befriedigen, die die Werke von Meistern besitzen wollten. Most hat sich nicht gescheut auch zu kopieren. Eines der nachgeahmten Werke war die Bauernschenke von Adriaen van Ostade. Der Stettiner Künstler ruhte sich jedoch nicht auf seinen Lorbeeren aus. 1872 malte er einen Gegenstück von seiner kopierten Bauernschenke des Adrian van Ostade. Die Komposition trägt den Titel Eine Schänke, Aufforderung zum Tanz. Vielleicht hat er für die Figur des Tänzers in einem der ihm bekannten flämischen oder niederländischen Meisterwerke ein Pendant gefunden. Dieses Most-Gemälde wird vom Enkel des Malers im Katalog Die Bilder des Malers Ludwig Most, Hannover 1937, S. 20, Kat.-Nr. 147 erwähnt.
Als Übersetzer waren tätig: Ludwig Most, Günter Müller, Bremervörde, Erfurt (Germany)
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