Als Übersetzer waren tätig: Ludwig Most (Bremervörde), Günter Müller (Erfurt), Germany
Vor kurzem erfuhr ich, dass August Ludwig Most – unser Held aus der Geschichte von Dr. Ewa Gwiazdowska – als Zeichenlehrer am Mariengymnasium in Stettin arbeitete. Die Schule befand sich im selben Gebäude wie IX L.O., wo ich früher studierte. Dort arbeitete er 42 Jahre lang bis zu seinem Tod 1883. Bevor er sich jedoch endgültig in Stettin niederließ, reiste der Künstler viel. Das Jahr 1833 war ein weiteres und voller “Reise”-Eindrücke. Diesmal war es Bad Schandau, eine Stadt in der Sächsischen Schweiz, die den Maler verzauberte. Die Stadt hatte alle Vorteile eines echten Resorts – attraktive geographische Lage, angenehme Wanderplätze und interessante Gesellschaft. Was will man mehr? Mehr Details in dieser Folge. [J.G.]
Dr. Ewa Gwiazdowska, Most”ein besonderer Tourist”
Sächsische Schweiz – Bad Schandau
EXPEDITION XXXI
Bad Schandau – am historischen Elbeweg

Die Stadt Bad Schandau (bis 1920 Schandau) war ein beliebtes Urlaubsziel für Touristen und Urlauber, die die Sächsische Schweiz im neunzehnten Jahrhundert besuchten. Malerisch, an der Mündung der Schlucht gelegen durch die der Kirnitzschbach in die Elbe floss, lag sie auch auf den Spuren von Künstlern, die durch diese Gegend wanderten. Im Jahr 1800 erhielt Schandau offiziell den Status eines Kurortes. Vermutlich sah auch Ludwig Most so Schandau, als er die Stadt 1833 auf dem Rückweg von einer Expedition nach Böhmen besuchte.
Altes Einkaufszentrum

Schandau wurde im Mittelalter als Marktplatz an einer Handelsstraße gegründet. Das wird in Dokumenten in der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts erwähnt. Zu dieser Zeit hatte Schandau bereits Stadtrechte. Der Landschaftsmaler Johann Philipp Veith (1768-1837) machte auf diese wichtige kaufmännische Rolle Schandaus aufmerksam. In seiner Gravur ist dem Panorama des Ortes ein Flusshafen vorangestellt. Sie können eine Reihe von Segelschiffen und Booten sehen, die am Flussufer ankerten. In der unteren Mitte der Komposition stellte der Künstler ein größeres Floß mit Fischern dar.
Friedrich in Schandau

Unter den Künstlern, die Schandau malten, durfte Caspar David Friedrich (1774–1840) nicht fehlen. Der pommersche Romantiker besuchte die Stadt, als sie bereits ein anerkannter Ferienort war. Seine Komposition zeigt Schandau auf eine ganz andere Art – als einen versteckten Ort inmitten der Natur. Friedrich beobachtete die Stadt aus der Ferne, hinter einem mäandrierenden Fluss, der mit den umliegenden Wiesen zu einer großen Ebene des Talbodens verschmolz. Die Silhouette des Ortes erhebt sich lediglich aus dem Grün in den Tiefen dieses Tals, das von hohen, bewaldeten Bergen umgeben ist. Die Spur menschlicher Präsenz inmitten der unermesslichen Natur ist nur der Kirchturm – ein zuverlässiger Wegweiser für den Wanderer.
Lilienstein – Felsentisch

Adrian Zingg (1734–1816), Veiths Lehrer, präsentierte das Panorama von Schandau von der gegenüberliegenden Seite – von Süden. Er wollte eine der berühmtesten Sehenswürdigkeiten der Sächsischen Schweiz zeigen – einen tafelartigen Sandsteinhügel namens Lilienstein. Eine solche Komposition, die zwei Lieblingsmotive – eine Stadt und einen felsigen Gipfel – kombinierte, kam später sehr in Mode. Käufer der Ansichten von Schandau mochten auch die sentimentale Stimmung der Zeichnung. Zingg gelang dies, indem er ländliche Motive im vorderen Bildteil platzierte – Hirten mit einer Herde Kühe und Bäuerinnen mit einem Kind, die die Straße entlang gingen.
Schandau wird modisch

Das Aufkommen der Erholungssuche in Schandau und der Kauf einer Erinnerungsansicht der Gegend spiegelt sich in der Radierung des kaum bekannten Grafikdesigners E. Arnold (?–?) wider. Seine Komposition imitiert deutlich Zinggs Zeichnung. Arnold zeigte die Umgebung von derselben Stelle am Elbufer, von der aus Zingg sie beobachtete. Alle Themen in beiden Ansichten sind ähnlich. Im Vordergrund sehen wir idyllische Szenen. Auf der linken Seite sieht man Schandaubesucher zwischen Bäumen, die auf einer erhöhten Terrasse stehen. Auf der Bildmitte erstrecken sich die Gebäude von Bad Schandau vor dem Hintergrund der Felsen der Elbschlucht. Am Horizont dominiert der Felsgipfel Lilienstein. Der Vorteil von Arnolds Stich war seine Vielfarbigkeit – er zog wahrscheinlich die Blicke vieler Touristen auf sich und ermutigte zum Kauf.
Romantische Träume

Adrian Zingg zeichnete Schandau mehrmals. In einer dieser Kompositionen zeigte er den Ort vom gegenüberliegenden Elbufer, aber aus dem Norden. Diese Landschaft ist voller Verträumtheit und sogar Nostalgie. Zingg blickt aus dem Schatten der hohen Fichten über das weite Tal. Die Strömung des breiten Flusses verliert sich in der Ferne und trennt den Künstler von der verschlafenen Stadt, die sich im Grünen hinter dem Wasser versteckt. Am Talrand erstrecken sich sanfte, bewaldete Hügel, die von der Nachmittagssonne beleuchtet werden, zum Nachdenken und zur undefinierten Sehnsucht. Vielleicht hinter der unwiederbringlich vergehenden schönen Zeit, oder vielleicht hinter etwas Unerreichbarem, das sich in der Ferne, am anderen Ufer oder hinter dem Horizont versteckt.
Richters Phantasien

Adrian Ludwig Richter (1803–1884) war bekannt für seine Leidenschaft für märchenhafte oder phantastische Kompositionen. Er griff auch eifrig nach der Vergangenheit. Er nutzte seine Neigungen, um einen äußerst attraktiven Blick von Schandau zu schaffen. Er zeigte die Stadt vom selben Ort wie Zingg, aber im Hintergrund präsentierte er erstaunliche Felszähne. Es scheint, dass es ein prähistorisches Monster ist, das seinen Mund über der Stadt öffnet. Er kontrastierte diesen “schrecklichen” Anblick mit harter Treidel-Arbeit von Menschen, die ein Boot an einem Seil stromaufwärts ziehen. Sie ähneln den Silhouetten von Seeleuten und Fischern, die man aus alten italienischen Landschaften kennt und wecken die Sehnsucht nach einer Reise in den Süden.
Schandau Wochentag

Auf den Boden der Tatsachen bringt einem Liebhaber für den Schandauanblick die Grafik eines unbekannten Lithografen. Als Aussichtspunkt wählte der Autor denselben Ort, von dem aus Adrian Zingg und Ludwig Richter zuvor den Kurort gemalt hatten. Nach Jahren hat dieser Ort sein Aussehen verändert, aber gleichzeitig kann festgestellt werden, wie die Umgebung von Schandau wirklich aussieht. Wer hatte Recht? Schiffe und Boote auf dem Fluss und zahlreiche Liegeplätze am Ufer des Dorfes zeugen vom Unternehmertum der Einwohner und dem hohen Handelsverkehr, der in der Gegend herrschte. Am gegenüberliegenden Elbufer wurde ein Hafen errichtet. Im Vordergrund des Bildes ist eine Aussichtsplattform zu sehen, wo man sich entspannen und den Elbfluss bewundern kann. Hier kann man auch auf die Fähre warten, um nach Bad Schandau zu gelangen. In der Ferne hinter den Waldhügeln sieht man hervorstehende Sandsteinfelsen, die aber bei weitem nicht so gefährlich aussehen wie auf dem Richterbild.
Moderne erreicht Schandau

Der Bau der Bahnstrecke zum Bahnhof Krippen gegenüber von Bad Schandau erfolgte am 9. Juni 1850. Diese Tatsache spiegelte sich bald danach in einem anonymen Stich wider. Grafiken sind nicht nur zum Souvenir, sondern auch zur Werbung für neue Kommunikationsmöglichkeiten geworden. Leichterer Zugang bedeutet mehr Touristen. Die Grafik zeigt, wie allmählich die Stadt wuchs. Eingeschossige Häuschen wichen Pensionen und Hotels sowie Mietshäusern, die von der wachsenden Zahl von Schandauern bewohnt wurden. Die Komposition bietet auch Gelegenheit zu beobachten, wie die ersten Dampfzüge von Dresden nach Bad Schandau aussahen. Die Wagen ähnelten einer Reihe von Waggons, die zusammengebaut wurden. Die Lokomotive und der Kohlewagen sehen wie Holzklötze aus, mit denen Kinder Spielzeugeisenbahnen bauen.
Das Aufblühen des touristischen Reisens

Ein deutliches Beispiel für die Entwicklung des Massentourismus in der Sächsischen Schweiz war der Stich eines in Leipzig ansässigen englischen Verlegers – Albert Henry Payne (1812–1902). Dieser Autor von Alben mit zahlreichen Ansichten von Landschaften, Architektur und Szenen unterschiedlichen Inhalts zeigte Schandau recht modern. Natürlich zeigte er die Stadt aus malerischer Entfernung, vom gegenüberliegenden Elbufer. Man sieht die Lage der Stadt gut – am Ausgang ins Elbtal eine der engen, steilen und bewaldeten, “wilden” Schluchten. Der Ort entwickelte sich von einer kleinen Marktsiedlung zu einem Zentrum mit großstädtischen Gebäuden, die über ein kleines Gebiet der Flussuferebene gequetscht waren. Ein Zeichen für den touristischen Ruhm Bad Schandaus sind die im Vordergrund abgebildeten Urlauber. Ein bürgerliches Paar in Krinoline und Gehrock steht auf einer Anlegestelle am Rande des Wassers und begrüßt freudig ihre Freunde, die in ähnlicher urbaner Kleidung auf einem Boot spazieren fahren.
Als Übersetzer waren tätig: Ludwig Most (Bremervörde), Günter Müller (Erfurt), Germany
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