Als Übersetzer waren tätig: Ludwig Most (Bremervörde), Günter Müller (Erfurt), Germany
Was hat Geographie mit Kunst zu tun? Nach der Lektüre der nächsten Episode der Geschichten von Dr. Ewa Gwiazdowska stellt sich heraus, dass Kenntnisse über den geografischen Raum äußerst nützlich sind, zumindest in Bezug auf die Arbeit und das Leben von Ludwig Most und seinen Kollegen. Zahlreiche Reisen und Natureskapaden fanden sofort ihren Niederschlag in Skizzen, Druckgrafiken und Gemälden. Die Neugier auf die Welt, der Sinn eines geduldigen und aufmerksamen Beobachters ermöglichten es ihr, eine künstlerische Dokumentation des Lebens eines Mannes zu präsentieren, der in eine bestimmte Realität eingetaucht ist. Wir haben Glück, denn dank dessen können wir nicht nur die Geschichte der Landschaftsveränderungen, sondern auch des menschlichen Lebensstils verfolgen. Historische, geographische, biographische und künstlerische Aromen sind ein großes Verdienst von Dr. Ewa Gwiazdowskas Forschungs-Neugier. [J.G.]
Dr. Ewa Gwiazdowska Most “ein besonderer Tourist”
Dresdner Raum – Plauensche Grund
EXPEDITION XXXII
Der Plauensche Grund ist ein Tal der Weisseritz am linken Ufer der Elbe, in den Ausläufern des Erzgebirges. Die lokale charmante Natur zog Künstler bereits im achtzehnten Jahrhundert an. Im nächsten Jahrhundert wurde das Tal berühmt. Unter den Künstlern waren Anton Graff, Adrian Zingg und Caspar David Friedrich. Der Plauensche Grund wurde von dem deutschen Dramatiker und Romancier Heinrich von Kleist (1777–1811), dem Autor der Komödie Der zerbrochene Krug, und dem dänischen Märchendichter Hans Christian Andersen (1805–1875) besucht. 1783 benannte Johann Christian Hasche (1744–1827), ein deutscher Theologe und Historiker, das Gebiet Kleinsächsische Schweiz. Auf diese Weise unterschied er sie von der eigentlichen Sächsischen Schweiz mit ihren Sandsteinformationen. Die Schönheit des Plauenschen Grundes wurde vom sächsischen Hof geschätzt. Hier wurden unter anderem Feiern des sächsischen Kurfürstentums abgehalten, wie zum Beispiel die Hochzeit von Kurprinz Friedrich August II mit der Habsburger Erzherzogin Maria Josepha (Saturnusfest). Während seines Aufenthalts in Dresden 1698 feierten der russische Zar Peter der Große und August der Starke, Kurfürst von Sachsen und König von Polen, den Geburtstag des Zaren. August organisierte eine Prozession von Bergleuten mit Fackeln im Tal und befahl, vier Pyramiden aufzustellen und zu beleuchten – Symbole der Erinnerung, die nicht ausgelöscht werden sollten. Die Parade wurde von unzähligen Bewohnern mit brennenden Kerzen begleitet.
Natur pur

Johann Gottlob Samuel Stamm (1767–1814) malte den Plauenschen Grund aus der Vogelperspektive zu einer Zeit, als das Gebiet noch nicht durch die aufkeimende Industrie verändert worden war. Die Schlucht der Weisseritz, einem Nebenfluss der Elbe, vermittelt den Eindruck einer unberührten, wilden Schlucht. Bauern und Hirten bewohnen und nutzen fruchtbares Land in der Ebene oberhalb der Schlucht.
Gerd-Helge Vogel schrieb vor einem Vierteljahrhundert über Stamms Malerei und berichtete wie gut es ist, inmitten unberührter Natur zu leben. Ihre Schönheit hat eine große und wohltuende Wirkung auf den Geist und das Herz des Menschen.
Ruhige Landschaft

Eine freie und anschauliche Zeichnung von Anton Graff (1736–1813) präsentiert ein einzigartiges Sujet. Der Künstler zeigte, wie ein Dorf an der Weisseritz aussah. Malerische Holzhäuser standen am Rande eines steilen Ufers. Die unsichtbare Straße, die zwischen ihnen verlief, endete mit einer Rampe, die zum Fluss führte, der einst den Zugang zu Wasser für Flößer und Fischer erleichterte. Diese beiden Berufe wurden am häufigsten von den Bewohnern des Tales ausgeübt. An den sonnigen Hängen der Hügel wurde die Rebe kultiviert, wie auf der rechten Elbseite.
Fluss gezähmt

Das beliebteste Motiv, das Künstler bei ihrem Besuch im Plauenschen Grund aufgriffen, war die Hegereiterbrücke. Auch Anton Graff erinnerte an diese Brücke. Die Überquerung war in den vergangenen Jahrhunderten mit der Nutzung des Tals verbunden. Jahrhundertelang, bis 1850, behandelte der sächsische Hof das Gebiet als Jagdrevier. Diese Tradition wird im Namen der Brücke bewahrt. Hegereiter waren berittene Förster, die dem Kurfürsten und seinem Gefolge auch als Wildtreiber dienten. Ab 1722 lebte ein derartiger Hegereiter in einem Försterhaus, das unweit von der Brücke gelegen war und der ihr dehalb zu diesem Namen verhalf. Zuerst war die Brücke eine Holzkonstruktion, in den Jahren 1779-1782 wurde sie wegen des immer stärker werdenden Verkehrs aus tragfähigeren Sandsteinblöcken errichtet. Graff stellte auf dem Gemälde sowohl die neue Brücke und das Forsthaus als auch die Gutsmühle dar.
Rast der Touristen

Die Grafik eines unbekannten Künstlers zeigt die Hegereiterbrücke vom gegenüberliegenden Ufer der Weisseritz. Sie dokumentiert das Erscheinungsbild des gesamten Bauwerkes und seiner Umgebung. Das raue Wasser beeindruckt und unterstreicht den wilden Charakter dieses Ortes. Neben der Brücke hielt eine Gruppe von Touristen an, um sich im Gasthaus auszuruhen. Sie unterhalten sich, während sie am Gartentisch sitzen. Im Vordergrund ist neben dem Reiter ein junges Paar in den modischen Kotümen des Empire-Stils zu sehen. Solch eine Kleidung war während der Herrschaft Napoleons, dem Kaiser von Frankreich, “zeitgemäß”. Ein weiteres modisches Paar ist beim Spaziergang ein wenig entfernt zu erkennen.
Unermüdlicher Wanderer

Die malerische und wilde Natur des Plauenschen Grundes zog vor allem Vertreter der Romantik an. Einer von ihnen war Caspar David Friedrich (1744–1840). Zwischen 1799 und 1824 besuchte er dieses Tal sehr oft und verbrachte viele Monate dort. Besonders gern betrachtete er den Fluss mit seinen Mühlen und der felsigen Umgebung. Diese Perspektive des Flusses stellte er im zweiten Bild einer Serie von vier Gemälden dar, die Mühlen im Plauenschen Grund zeigen. Er malte sie mit Gouache, d.h. deckenden Farben, nach lokaler Tradition.
Hirtenträume

Caspar David Friedrich zeigte auf dem dritten Bild der Reihe von Mühlenansichten im Plauenschen Grund einen Hirten, der unterhalb der Felswände am Rande einer Wiese an der Straße zur Mühle lag. Der Abend kommt und die Erde wird allmählich vom Schatten verdunkelt. Und inmitten der außergewöhnlichen Schönheit der Natur vertieft sich der Junge in Träume und vergisst “Gottes Welt”. Währenddessen stehen die Kühe auf der Straße und sind bereit, nach Hause zurückzukehren. In der Ferne, in den Strahlen der untergehenden Sonne, leuchten die weiße Wand und das hohe rote Dach der Mühle. Im Stadtmuseum Dresden befindet sich eine zweite Version dieses Gemäldes mit dem Titel Die königliche Mühle im Plauenschen Grund. (Frank Richter, Caspar David Friedrich. Spurensuche im Dresdner Umland und in der Sächsischen Schweiz, Husum 2009, S. 67, Abb. 91).
Einsame Siedlung in den Bergen

In einer früheren Ansicht stellte Friedrich im Plauenschen Grund die Biegung des Weißeritzbaches mit den sichtbaren Gebäuden der Mühlensiedlung dar. Der Künstler hat einen solchen Beobachtungspunkt gewählt, dass der Betrachter den Eindruck hat, die steilen Hänge der Berge laufen in der Ferne zusammen. Die Felswände des Tales scheinen die Ansammlung der Häuser mit einer Verteidigungsmauer zu umgeben, um sie vor dem schädlichen Einfluss der zivilisierten Welt zu schützen. Dies war jedoch nicht der Fall. Die erste Straße wurde um 1560 im Tal gebaut. 1745 legten Bergleute eine verbesserte Straße an. Und einige Jahre nach der Komposition Friedrichs wurde in der Zeit von 1807 bis 1809 die Straße noch umfangreicher und stärker befestigt.
Eine Botschaft aus der Vergangenheit

Der Autor der ungewöhnlichen Aufnahme vom Plauenschen Grund war Christian Gottfried Morasch (1749–1813), ein Dresdner Maler, Kupferstecher und Verleger. Auf seiner Darstellung können Sie die alte Brücke sehen. Ein Widerlager und ein Pfeiler, der in der Mitte der Strömung steht, sind aus Stein, aber die anderen Teile der Brücke sind aus Holz. Das Erscheinungsbild dieses Bauwerkes entspricht nicht der Bogenbrücke, die aus anderen Ansichten des Plauenschen Grundes bekannt sind. Der Künstler zeigte vor dem Wiederaufbau eine alte Brücke. Eine Gruppe junger Frauen, die sich am Hochufer des Flusses ausruhen, schaut neugierig auf einen Mann, der das Flussbett der Weisseritz vermisst. Vielleicht hat er die Aufgabe, Vorbereitungen zum Bau einer neuen Brücke zu treffen. Kennt jemand die Lösung für dieses Rätsel? Dank Informationen im Internet konnte ich die Namen und den Beruf des im Auktionskatalog aufgeführten Künstlers nur namentlich ermitteln. Das Internet half auch, die Daten seines Lebens und das korrekte, wenn auch ungefähre Datum der Gravur zu finden. Es wurde um 1800 hergestellt, nicht um 1825. Erinnern Sie sich daran, dass der Bau der neuen Brücke 1809 abgeschlossen wurde! Das tatsächliche Fertigstellungsjahr der heute noch bestehenden Hegereiterbrücke ist 1782.
Das Bauwerk auf dem Bild von Christian Gottfried Morasch steht in keinem Zusammenhang mit einer Brücke. Die Radierung zeigt einen Floßrechen, der sehr stabil gebaut sein musste, damit das Floßholz angehalten und auch Flutwellen Widerstand geboten werden konnte. Der tatsächliche Standort dieses Floßrechens lag geringfügig flußabwärts von der Hegereiterbrücke in Richtung Dresden-Plauen (ca. 400 m).
Als Übersetzer waren tätig: Ludwig Most (Bremervörde), Günter Müller (Erfurt), Germany
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