Als Übersetzer waren tätig: Ludwig Most, Günter Müller, Bremervörde, Erfurt (Germany)
Wenn wir vor unserem Lieblingsbild stehen und uns die Details ansehen, können wir viel sehen. Aber wir sehen sicherlich nicht alles. Ich empfand dies, als ich die XXXV-Episode der Opo-news von Dr. Ewa Gwiazdowska las, die diesmal ihr Wissen über die Pommersche Reise von August Ludwig Most mit uns teilt. Dank des erworbenen Portfolios der Studien des Malers können wir den faszinierenden Weg von der Idee bis zur Entstehung des Werkes zurückverfolgen. Und noch etwas – die bildlichen Darstellungen von Fischern sind nicht nur ein Dokument einer vergangenen Ära, sondern auch eine Geschichte über die gegenseitigen Beziehungen von Menschen, die ihr Schicksal mit dem Meer in Verbindung gebracht haben. [J.G.]
Dr. Ewa Gwiazdowska Auf dem Weg zu Most
Most und die Fischer 2
EXPEDITION XXXV
Most widmete den Fischern viele Kompositionen. Er stellte sie nicht nur bei der Arbeit außerhalb des Hauses, sondern auch in familiären Situationen dar. Seine Skizzenbücher beinhalten zahlreiche Zeichnungen von Fischern während der Hausarbeit. Er malte mehrmals Fischerfamilien und für diese Bilder gibt es auch Skizzen.
Zu zweit
Im Sommer 1858 unternahm Most erneut eine Wanderung entlang der Ostsee. Bei Ausflügen durch die Fischerdörfer suchte er nach unverwechselbaren Motiven. Er mochte den Anblick der Fischersleute bei ihrer Arbeit vor dem Holzhaus. Ein Mann in Hemd, Weste und schmaler Hose, ohne Mütze, steht vor einem offenen Fensterladen. An ihm hängt er das Ende eines Netzes auf und repariert es. Mit einer langen Ahle näht er die gerissenen Maschen. Seine Frau in einer kurzärmeligen Bluse, einem langen Rock und einer Schürze steht daneben. Sie lehnt sich über einen breiten Waschtrog mit seiner Wäsche. Das Gefäß befindet sich auf einem dicken Baumstamm und nebenan auf dem Boden liegt ein zweiter Wäscheballen und ein weiterer Trog.
Alltag der Fischer
Ein paar Tage später dokumentierte Most auf den folgenden Karten des zwölften Skizzenbuchs die Figuren der Fischer, die mit verschiedenen Arbeiten beschäftigt waren. Einer der Männer, die am Boot stehen, wählt Werkzeuge aus, um zu arbeiten. Er trägt ein blaues Hemd, eine Weste und eine alte Hose. Außerhalb des Hauses trägt er auch einen Hut. Eine Frau, die auf einem Stamm sitzt, reinigt fleißig den Wasserkessel, den sie auf dem Schoß hält. Most hat die Farben ihrer Kleidung genau definiert. Die Fischerin trägt einen roten Rock, eine blaue Schürze, ein hellviolettes Mieder und ein weißes Kopftuch. Die Skizze eines Fischers, der von hinten zu sehen ist, benutzte Most, um das Aussehen einer Seemütze zu dokumentieren. Im Hintergrund skizzierte der Künstler eine Fischerfamilie an Booten.
Ein Besuch in einer Fischerhütte
Am ersten August 1868 besuchte Most eine Fischerhütte in Ahlbeck, einem Dorf westlich von Swinemünde. In seiner Studie können wir sehen, wie das Innere eines solchen Hauses aussah. Most markierte mit Ziffern eine Vielzahl von Gegenständen, die an einem Stab hingen, der mit Deckenschnüren aufgehängt war, und einem anderen, der mit Haken an der Wand befestigt war. Es gibt vor allem verschiedene Arten von Netzen, aber auch Kleidung und Stoffstücke. Andere Kleidungsstücke hängen an separaten Pflöcken, die in den Wänden befestigt sind. Ein Haufen verschiedener Gegenstände liegt auf einer Truhe am Eingang. Diese Truhe ersetzt den Schrank des Fischers. Auf der anderen Seite des Eingangs, auf dem Fass, sehen wir unerwartet einen Blumengesteck. Vielleicht hat er es zu einem besonderen Anlass mitgebracht oder war es sogar Most,der es mitbrachte, um sich mit einer freundlichen Geste die Zustimmung zum Skizzieren zu holen? Das Fass ist vielleicht mit gefangenem Hering gefüllt. Schauen wir uns weiter im Inneren um. Neben dem Fass sehen wir eine Leiter, die zum Dachboden führt. Es gibt ein Durcheinander hinter ihr – ein Fischer hat dort verschiedene Kleidungsstücke aufgehängt. Neben der Leiter steht eine Kiste und weitere Uttensilien. An der Wand gegenüber der offenen Tür steht ein Bett. Nebenan ist in der Ecke ein Tisch mit einem Laib Brot, einem Krug und einem weiteren Behälter zu sehen. Der Gastgeber dieser Hütte sitzt auf einem Stuhl gegenüber der offenen Tür und verrichtet in gebeugter Haltung seine Arbeit.
Landschaft mit “Fachwerkhaus”
Wie das Haus eines pommerschen Fischers oder Bauern von außen aussah, können wir auf einem Bild sehen, das Most 1847 gemalt hat, als er über die Insel Wollin wanderte. Die markante Balkenkonstruktion, professionell Fachwerk genannt, hat Forscher der pommerschen Kultur ermutigt, das Gelände hier als “karierte” Landschaft zu bezeichnen. Die polnische Bezeichnung für Fachwerk als “Preußische Mauer” entstand aus Unwissenheit darüber, dass derartige Konstruktionen nicht nur in Preußen und dem übrigen Deutschland gebaut wurden, sondern in ganz Nordeuropa von Frankreich und England bis zum Baltikum; wo viele Bäume wuchsen und es Ton und Lehm gab, um die Wände zwischen den Balken zu füllen. Die hohen Dächer, die mit Schilf oder Stroh bedeckt waren, brachten den Bewohnern wichtigen und auch notwendigen Lagerraum. Solche Häuser, aus lokalen Rohstoffen gebaut, waren einfach herzustellen und von hoher Wirtschaftlichkeit.
Fischeridylle
Most schuf mehrmals eine Komposition, die eine intime Szene des gemeinsamen Feierabends einer Fischerfamilie am Strand darstellte. Die erste bekannte Version des Gemäldes wurde 1845 gemalt. In einer Skizze vor der Entstehung des Bildes platzierte Most das Ereignis in die Nähe des Wohnbereiches. Ein stehender Mann in einem langen Kaftan oder Gehrock lehnt sich leicht über eine Frau, die mit einem Säugling auf dem Schoß sitzt. Seine Gesichtsbehaarung und Haltung deuten darauf hin, dass es der Opa ist. Neben der Mutter, die das Kleine füttert, sitzt ihr Mann und raucht eine Pfeife. Im Hintergrund ist der Umriss des Hüttendachs zu sehen, Kleidung, die am Zaun trocknet und Bäume, die den Platz umgeben. Für einen am Boden liegenden Mann, der dem Betrachter den Rücken zukehrt, ist noch kein Zusammenhang für das spätere Endbild zu erkennen. Möglicherweise hat Most die Figur hinzugefügt, um sie später auf die eine oder die andere Art für ein Bild verwenden zu können.
Eine neue Idylle zur Fischerfamilie
Interessant ist eine weitere Skizze zu einer Szene aus dem Fischerleben der Familie. Most zeichnete es auf eine Karte, auf der er Rechnungen notierte. Es zeigte einen Vater, der sich zärtlich über das jüngere Kind beugt, vermutlich den kleinen Sohn, den er auf den Bug des Bootes platzierte. Ein Fischer, der mit einem Nachkommen spielt, bereitet ihn geistig auf den zukünftigen Beruf vor. Dieser Spaß wird von der Mutter beobachtet, die nebenan im Sand sitzt. Zu ihren Füßen sitzt ein älteres Kind – ein kleines Mädchen, das neugierig auf ihren Bruder blickt.
Romantischer Abend
Die Studie für das Gemälde entspricht bereits der endgültigen Version einer Komposition aus dem Jahr 1845, deren Wiederholungen oder Repliken der Künstler zwischen 1847 und 1879 gemalt hat. An einem Strand, der ziemlich steil zum Meer fällt sind die Eltern mit drei Kindern. Die Mutter sitzt und hält das jüngste Kind, noch ein Kleinkind, auf dem Schoß. Das Layout beider Charaktere ähnelt der Madonna mit einem Kind. Ein älteres Kind kuschelt sich an die Beine seiner Mutter. Das lachende Gesicht dreht sich in Richtung seines Vaters, der sich über sie lehnt und es streichelt. Das älteste Kind, eine Tochter, steht dahinter und schaut auf die glückliche Familie. Auf der linken Seite liegt unten am Strand das Boot zum Trocknen. Auf der rechten Seite sind alte Fischerschuhe und andere Fischereigegenstände auf eingesteckten Stangen ebenfalls zum Trocknen aufgehängt. Im Hintergrund erkennt man die markante Klippe des Kaffeeberges in der Nähe des damaligen Fischerdorfes Misdroy.
Fertiges Bild
Ein Schwarz-Weiß-Bild, das 1879 gemalt wurde, ist durch Peter Paul Most, dem Enkel des Künstlers, bekannt. Man kann angesichts des Bildes davon ausgehen, dass frühere Versionen gleich oder ähnlich aussahen. Mit dieser Kreation lernen wir auch die Fischerbekleidung näher kennen, die aus einem locker sitzenden Hemd, einer weiten knielangen Hose, hohen Schuhen und einer gestrickten Woll -Mütze besteht. Das Arrangement des Kopftuchs, das vom Kopf der Mutter abfließt, und ihr glattes, idealisiertes Gesicht führten dazu, dass die Mutterfigur mit einer Mariendarstellung mit dem Jesusknaben verglichen wird. Die junge Frau hinter ihr sieht nicht mehr aus wie eine Tochter, sondern wie eine andere Person oder eine Nachbarin der Familie. Most fügte noch eine Großvaterfigur in einem langen Kaftan hinzu, der an Netzen arbeitet. Ergänzt wird das Bild außerdem durch einen weiteren Fischer mit seinem Sohn, die sich in Ufernähe bei Booten und aufgehängten Netzen befinden. Ein Stapel aus Körben und anderen Fischereigegenständen ist am linken Bildrand plaziert. In der Studie, auf der rechten Seite sichtbar, entpuppten sich die vertikalen Formen, nachdem sie auf dem Bild verfeinert worden waren, als Netze, die auf hohen Stangen trocknen.
Spannende Fischerlandschaft
Durch den Erwerb von Most’s Studio-Portfolio erfuhren wir, wie eine Komposition mit einem Fischerfamilienmotiv aussah, das 1848 fertiggestellt und vom Königsberger Kunstverein gekauft wurde. Es ist nicht bekannt, wo die Studie gemalt wurde oder was sie genau darstellt. Most malte in dieser Komposition eine Fischerfamilie am Rande der Düne. Ihre Bekleidung ähnelt nicht den pommerschen Kleidern. In Bildmitte steht eine junge Mutter in einem roten Rock und einer weißen Bluse mit großem Ausschnitt und mit ihrem Baby an der Brust. Der Vater trägt lässig ein marineblaues, ungeknöpftes Hemd und eine weiche Mütze. Sie werden von zwei kleinen Töchtern in verschiedenen Röcken, weißen Hemdchen und Mützen begleitet. Die Jüngere hat einen gestreiften Rock und Schuhe an den Füßen. Die Ältere, die auf dem Sand sitzt, dreht sich um und zeigt auf Segelboote, die sich auf dem Meer befinden. Neben dieser Gruppe liegen Fässer, die vermutlich mit geräuchertem Fisch gefüllt sind. Vielleicht wartet die Familie auf den Wagen, der diese Fässer mitnimmt und zum Markt oder nach Hause bringt. Eine solche Erklärung scheint auf ein nahe gelegenes, heruntergefallenes Haus mit zwei rauchenden, schlanken Backsteinschornsteinen hinzuweisen, das eine Räucherei sein könnte. Zwei Frauen sitzen auf der Rückseite des Hauses und nähen oder reparieren Kleidung. Eine kleine Windmühle ist hinter ihnen zu sehen. Die ganze Szene spielt sich vor dem Hintergrund dunkler Haufenwolken ab, von denen es noch vor kurzem geregnet hat. Jetzt fließen die Wolken weg und blauer Himmel erscheint.
Als Übersetzer waren tätig: Ludwig Most, Günter Müller, Bremervörde, Erfurt (Germany)
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