Als Übersetzer waren tätig: Ludwig Most (Bremervörde), Günter Müller (Erfurt), Germany
Die neue Episode von Dr. Ewa Gwiazdowskas Opo-news ist einzigartig, weil sie nur einem gewidmet ist … Stettin! Die Lektüre hat mich beeindruckt und ich bin schon gespannt auf die sogenannte Sonderfolge, die vollständig nur einem Gemälde von Most zugedacht sein wird. Auf unterschiedliche Weise halten wir unsere Reiseerinnerungen fest. Einige schreiben Tagebücher, andere machen Fotos oder machen Videos, die atemberaubende Ansichten, Ereignisse und Erlebnisse festhalten. Unser Maler hat sich bei seinen Wanderungen in Stettin sorgfältig umgesehen, interessante Details angeschaut und gezeichnet, damit er in wenigen Jahren den Inhalt seiner Skizzenbüchern verwenden konnte, um ein großartiges Bild unserer Stadt aus der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts zu schaffen! [J.G.]
Dr. Ewa Gwiazdowska Most, ein Stettiner
EXPEDITION XXXXVI
Spaziergänge durch Stettin und Umgebung – Altstadt
Ludwig Most wanderte während einer einjährigen Studienpause 1828 viel durch Stettin und Umgebung. Aus dieser Zeit sind einige Skizzen erhalten, die die Altstadt darstellen. Diese Zeichnungen waren ein Vorbote eines großen Werkes, das einige Jahre später, 1834, geschaffen wurde, als Most dauerhaft in seine Heimatstadt zurückkehrte. Das Werk war ein Projekt einer wunderbaren Vedute von Stettin, von der ein Fragment im Titelbild dargestellt ist. Eine eigene Episode wird dieser Vedute gewidmet sein.
Most blickt hinter den Festungsmauern auf Stettin
An einem Frühlingstag beschloss Most an die Johanneskirche zu gehen, einen ehemaligen Franziskanerkloster, die im südlichen Teil der Altstadt steht. Er wollte die Kirche auf eine nicht übliche Weise zeigen, aus dem Bereich der Rosengartenstraße [Podgórna], hinter den Festungsmauern, die am Hang des Hügels hinter der Kirche errichtet wurden. Damit kein Zweifel daran bestand, was die gebrochene Doppellinie bedeutete, beschrieb er sie mit den Worten: Wall, Mauer. Rechts von der Kirche, näher an der Mauer, zeigte Most ein hohes mittelalterliches Gebäude mit einem gebrochenen Mansardendach und parallel dazu zwei Häuser mit barocken Giebeln. Dieser Teil der Skizze erinnert daher an die mittelalterlichen Gebäude des Stadtgebietes. Unterhalb der Ansicht der Kirche, vor der Mauer, zeichnete Most in der Skizze den Gebäudebereich, der am Fuß des Walls errichtet war und der mit viel Grün italienischer Sträucher und Pappeln abwechslungsreich gestaltet war.
Most besucht im Morgengrauen den Stettiner Fischmarkt
Eines Tages stand der Künstler sehr früh auf, als die Fischer es noch nicht geschafft hatten, vom Fischfang zurückzukehren. Er beschloss, an das charakteristische Stettiner Motiv zu erinnern – den Fischmarkt. Oder vielleicht ließ er sich einfach von seiner Phantasie leiten, um die Zeichnung anzufertigen, als er einen Blick auf einen völlig leeren Abschnitt der Uferpromenade in der Altstadt warf, wo dieser Markt üblicherweise stattfand. Auf seiner Skizze zeigte er eine enge Reihe von Ständen – bescheidene Würfel, die mit Satteldächern bedeckt waren. Solche Stände waren noch auf den Stettiner Märkten in den sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts zu sehen. Vor den Fischständen werden verschiedene Fischereigegenstände liegend getrocknet und auf die Plattformen gestellt – Wannen, Fässer und Eimer.
Dahinter kann man eine Reihe von Häusern in der Altstadt sehen, von denen jedes eine andere Form eines dekorativen Giebels aufweisen kann. Das Haus mit dem barocken, voluten Giebel hat auch einen überdachten Kranausleger. Mit seiner Hilfe wurden Waren in das Lager auf dem Dachboden gehoben. Das Haus auf der rechten Seite weicht von den anderen insoweit ab, wie seine Längsfront parallel zum Kai liegt. Der Giebel ist infolge eines Versatzes zu den beiden anderen Häusern sichtbar und weist verandaähnliche Anbauten auf.
Most blickt über die mittelalterlichen Mauern in die Vorstadt zur Kirche St. Peter und Paul.
Most, der entlang des Altstadtkais in Richtung Norden wanderte, erreichte den ehemaligen Vorort Unterwiek [Dolny Wik]. Hier, näher an der Oder, befand sich im Mittelalter ein Zisterzienserkloster, und auf dem Hügel stand die Kirche St. Peter und Paul. Diese Kirche wurde in den Jahren 1425-1440 auf dem Gebiet zwischen den Mauern erbaut. Später entwickelte sich hier ein Vorort, der dicht mit Wohnhäusern bebaut war. Der Künstler zeichnete dieses Gebiet von oben, als würde er es vom hochmastigen Segelschiff aus beobachten, das am Kai vor Anker lag. Vielleicht war es seine Phantasie, die dem Maler sagte, wie man diesen Teil der Stadt zeichnet. Besonders interessant ist das Motiv auf der linken Seite der Skizze. Dort sieht man eine alte, bröckelnde mittelalterliche Wehrmauer. Dies ist die Grenze zur ehemaligen Altstadt. Hier begann in Richtung Norden der Vorort Unterwiek, der in ferner Zeit von der slawischen Bevölkerung bewohnt wurde. Die Mauer verlief entlang dem Rand eines Hügelabhanges. Ihre Reste sind noch unterhalb des Nordflügels der Burg der pommerschen Herzöge sichtbar. Entlang der Mauer verlief in geringem Abstand der ehemalige Stadtgraben. An der Altstadtseite stehen große hohe Häuser. Auf ihrer Rückseite befinden sich noch Reste von Hausgärten. Aus den Resten der Stadtmauer wurden Schuppen gebaut. Kleinere Häuser unterhalb der Kirche St. Peter und Paul füllen den Bereich jenseits der ehemaligen Stadtmauer, entlang des Geländes des früheren Stadtgrabens. Auch hier begleitet das Grün bürgerliche Häuser.
Most betrachtet Dächer und andere Details des urbanen Alltags
In einer der Zeichnungen befasste sich Most mit verschiedenen Details des Aussehens von Stettin. In der Mitte der Karte machte er eine Studie des Dachreiters, der die Kirche St. Peter und Paul krönte. Seine markante Form ist aus vielen Ansichten des neunzehnten Jahrhunderts von der Hauptstadt Pommerns bekannt. Die Kirche, übrigens die älteste in Pommern, ist auch im Inneren sehr sehenswert; mit dem sie allseits umgebenden hohen gotischen Fenstern wird ein lichtdurchströmtes Innenschiff geschaffen. Der Dachreiter mit seinem zweiteiligen Helm ist im unteren Teil offen, damit das Glockengeläut die umliegenden Bewohner erreicht. Er ragt als eine von Zimmerleute hergestellte Holzkonstruktion aus dem Dachfirst heraus und hat über der geöffneten Fensterebene noch einen zwiebelförmigen Aufbau mit darüber aufgesetzter hoher Spitze. Durch die komplette Verkleidung mit Kupferblech und infolge dessen grüner Oxydation ist die beeindruckende Wirkung gegeben. Neben diesem Gebäude zeigte Most noch zwei Schornsteinköpfe mit satteldachförmigen Abdeckungen, um die Abzüge vor Regen oder Schneefall zu schützen. Der komische Aspekt dieser Zeichnung ist durch Ansicht der Vorderseite des Transportfahrzeugs gegeben, das neben dem Dachreiter platziert ist. Dieses Motiv für Most ergab sich wahrscheinlich, als er seine Augen vom Dach der Kirche senkte und auf die Straße vor ihm schaute. Most nutzte die Skizze einige Jahre später, als er an dem 1830 fertiggestellten Gemälde Dorfkrug mit Stellmacherwerkstadt arbeitete. Auf der besprochenen Karte sieht man noch eine Skizze eines Fragments eines Fachwerkhauses. Das Auge des Malers wurde scheinbar von der regelmäßigen Anordnung der geometrischen Felder angezogen.
Most sieht Stettin von der Schiffbaulastadie
Most fertigte nicht nur kleine Zeichnungen in Skizzenbüchern an. Große Blätter Papier, auf denen er aufwendigere Kompositionen oder Studien für Gemälde entwickelte, sammelte er in einer Kartonmappe. Eine der in einer solchen Mappe aufbewahrten Zeichnungen war ein Bleistiftpanorama von Stettin von der Seite der Schiffbau – Lastadie. Dieser Ort als attraktiver Punkt für Stettinansichten wurde Ende des achtzehnten Jahrhunderts von Johann Friedrich Nagel entdeckt. Dank seiner Arbeit könnte auch Most bewogen worden sein, die Hauptstadt Pommerns von der auf der anderen Seite der an der Oder liegenden Insel aus zu zeichnen, wo bereits damals das Hafen- und Industriehinterland der Stadt lag. Seine Zeichnung wurde bis 1940 in einem Atelierportfolio aufbewahrt. Erst in diesem Jahr schenkte die in Berlin lebende Schwiegerenkelin des Künstlers, Ilse Most, die Zeichnung dem Stadtmuseum in Stettin. Nach den Abenteuern des Krieges wurde das Portfolio schließlich Teil der Sammlung des Pommerschen Landesmuseums in Greifswald, wie viele andere Werke aus dem Vorkriegsmuseum der Stadt Stettin. Im Vordergrund der Arbeit zeigte Most den Bau eines Schiffes auf dem Gelände einer Werft des Kaufmanns Haase. Nach einem der Forschungskonzepte ging die Zeichnung der Entstehung des verschollenen Gemäldes Schiffsbauplatz des Handelshauses Haase zu Stettin mit Schiff “Fürstin Liegnitz” voraus. Dieses Gemälde wurde im Ausstellungskatalog der Berliner Akademie der Künste von 1828 verzeichnet.
Als Übersetzer waren tätig: Ludwig Most (Bremervörde), Günter Müller (Erfurt), Germany
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