Als Übersetzer waren tätig: Ludwig Most (Bremervörde), Günter Müller (Erfurt), Germany
Meine Damen und Herren, wir feiern heute ein kleines Jubiläum. In ihren Opo-Geschichten stellt Dr. Ewa Gwiazdowska das Werk von Ludwig Most bereits zum fünfzigsten Mal vor (wie die Zeit vergeht!). Diesmal geht es um Stettin selbst, genauer gesagt um die Ansichten, die der Künstler zwischen 1834 und 1848 gemalt hat, und wir erfahren auch, was ein “Panorama in Ausschnitten” ist. Dank der erhaltenen Skizzen und Lithografien können wir Orte wie die Silberwiese [Kępa Parnicka], die Türme der Jakobikirche, der Johanneskirche, der Kirche St. Peter und Paul, das Schloss, die Lange Brücke, das Dorf Torney [Turzyn] und das Odertal sehen. Es lohnt sich zu sehen, wie sich unsere Stadt verändert hat, in der wir jetzt leben, arbeiten und ihre neue Qualität schaffen. [J.G.]
Dr. Ewa Gwiazdowska Mode für Panoramen
Expedition L
Die Mode, Panoramen zu malen, die im Kreis angeordnet sind und von dessen Mitte aus man das gesamte Panorama betrachten kann, begann Ende des 18. und entwickelte sich im 19. Jahrhundert. Auch Ludwig Most bezog sich auf diese Mode, wenn auch auf eine andere Art und Weise. Über viele Jahre hinweg zeigte er, wie sich Stettin im Laufe der Zeit verändert hat. Dies gelang ihm, indem er die Stadt mehrmals von der gleichen Stelle im Norden, von der Lastadie aus, malte. Er schuf so ein räumliches Panorama aus vielen sich ergänzenden Perspektiven. Er machte dies, indem er gleiche Bildausschnitte und einzelne Objekte aus verschiedenen Richtungen darstellte und in unterschiedlichen Ansichten festhielt. In der vorliegenden Lithographie kombinierte er die Eigenschaften eines vollständigen Panoramas mit Ansichten aus dem Süden, Osten und Norden und schuf die Möglichkeit, das “Panorama in Ausschnitten” auf einer ebenen Fläche zu betrachten, ohne das Haus zu verlassen. Darüber hinaus fertigte er in den Skizzenbüchern VI und XII weitere Varianten von Stettiner Panoramabildern an.
Stettin – die Festungsstadt

Most behandelte die im Juni 1834 skizzierte Ansicht von Stettin hinter den Befestigungsanlagen des nördlich der Stadt gelegenen Fort Leopold als Versuch einer Panoramaansicht von Norden, so als sei sie für eine Mehrbildlithografie bestimmt. In der Nahaufnahme sind die alten Festungsmauern zu sehen. Sie sehen so aus, als ob sie von Landwirten angebaut wären. Im Hintergrund links ist ein längliches Gebäude zu sehen, über dessen Dach zwei Wimpel wehen. Wahrscheinlich handelt es sich um die Vorstadtresidenz der Herzogin Elisabeth von Braunschweig in Grabow. Die Silhouette von Stettin ist am Horizont zu erkennen. Von links her betrachtet, ragen die Burg, die Signaltürme der Johanneskirche und der Peter-und-Paul-Kirche, die Jakobikirche, das Dach des städtischen Gymnasiums, der Chor der unvollendeten Karmeliterkirche und die Windmühle in der Vorstadt des ehemaligen Dorfes Torney in den Himmel.
Ein begehrter attraktiver Ausblick

Der Blick hinter die Festungsmauern befriedigte Most nicht. Der nächste Punkt, von dem aus er das Panorama des Odertals nördlich von Stettin einfing, war die Terrasse eines Restaurants in Frauendorf, auf dem Gipfel des mittelalterlichen Weinbergs. Heute heißt die markante Erhebung Kupala Hügel [Wzgorze Kupaly] und wird von einer Eisenbahnlinie durchzogen. Zu Mosts Zeiten hieß er Elisenhöhe in Erinnerung an den Besuch der preußischen Herzogin Elisabeth, geborene Wittelsbach, (1801-1873) in Begleitung ihres Mannes, Prinz Friedrich Wilhelm, des späteren Königs Friedrich Wilhelm IV. von Preußen. Von diesem Punkt aus war die Silhouette von Stettin fast unsichtbar. Außerdem wurde das Gebäude der Johanniskirche von den Flügeln einer Windmühle verdeckt. Das Odertal war durch eine Baumgruppe an der Ecke der Terrasse verdeckt.
Eine neue “Öffnung”

Most hat sich nicht entmutigen lassen, ein Panorama von einem neuen Ort aus zu machen. Seine nachfolgenden Kompositionen zeugen von seiner Suche nach den Vorteilen des Blicks von der Elisenhöhe. In einer sorgfältigen Zeichnung setzte er eine Baumgruppe in den linken Bildbereich, um die malerische Lage von Stettin am Hang des Odertals, das reizvolle, von bewaldeten Senken durchzogene Talufer, durch das die Bäche in den Fluss mündeten und das weite Tal selbst zu zeigen. Links von der üppigen Baumgruppe platzierte Most eine romantische Szene – ein Restaurantgast sitzt an einem Gartentisch und bewundert die Oderauen. Vielleicht träumt er von einem Ausflug in die Ferne auf einem Segelboot, von denen mehrere am Ufer unterhalb der Restaurant-Terrasse festgemacht sind.
Die Aussichtsterrasse im Freien

Bei einer anderen Variante der Ansicht von Frauendorf hat Most die Baumgruppe weggelassen, um genau zu zeigen, wie das bebaute Oderufer unterhalb der Elisenhöhe aussah. Der Zeichner hat die ländlichen Gebäude zwischen dem Flussufer und der unterhalb des Hügels verlaufenden Straße detailliert dargestellt. Auf dem Wasser zeigte er einzelne Boote und zahlreiche Baumstämme, die zum Hafen getrieben wurden, von wo aus sie ins Ausland transportiert wurden. Er vergaß auch nicht die lange Treppe, die den Hang hinauf zur Aussichtsterrasse führte. Er deutete mehrere Personen an, die sich auf dem Aussichtshügel ausruhten. Am Horizont zeichnete er die undeutliche Silhouette von Stettin mit dem Turm der Jakobikirche, der sie überragte.
Das belebende Grün der Bäume

Der baumlose Blick von Frauendorf aus war genauer und informativer für das Aussehen und die Entwicklung des Gebiets. Es verlor jedoch seine Frische und wurde “kalt”. Deshalb ist Most in der Studie für das Projekt auf das Konzept zurückgekommen, einen Teil des Odertals zu begrünen. Allerdings hat er ganz links eine Baumgruppe als Hintergrund platziert. Auch auf der rechten Seite der Komposition malte er als Gegengewicht einen ausgedehnten Hintergrund aus Bäumen und Büschen. Zwischen diesen Kulissen platzierte er das Panorama der Tallandschaft. Er hat es unterlassen, die Gebäude und die Straße in der Nahaufnahme zu zeigen. Stattdessen hob er die Silhouette von Stettin am Horizont hervor und zeigte sie vergrößert. Er verlieh der Komposition einen Genre-Charakter, indem er zwei Motive auf der Terrasse festhielt. Das eine ist eine Familie mit zwei Kindern und einem Hund, die es sich an einem Tisch auf der Terrasse eines Restaurants in Frauendorf gemütlich gemacht hat. Das zweite Motiv ist ein einsamer junger Mann, der in der Ecke der Terrasse steht und auf die umliegende Landschaft blickt.
Stettiner Fischer

Most kehrte einige Jahre später zum Thema “Stettin von Norden her” zurück. Er hat es im August 1842 skizziert, allerdings aus einem ganz anderen Blickwinkel. Er zeigt die Silhouette der Stadt mit den Augen der örtlichen Fischer und ihrer Familien. Sie sahen Stettin jeden Tag von der Anlegestelle oder dem Boot aus, das am Ufer unterhalb der Elisenhöhe bei Frauendorf anlegte. Die Landschaft des pommerschen Hügellandes wurde durch eine maritime Landschaft ersetzt. Most erinnerte an den regen Verkehr von Segelschiffen und Booten, die der Strömung der Oder folgten, an einen rauchenden Dampfer und an zahlreiche Schiffe, die am Kai festgemacht hatten. Diese Aufnahme zeigt nicht nur das Schloss und die Jakobikirche, die die Stadtsilhouette überragen, sondern auch die ländlichen, einstöckigen Gebäude des Stadtteils Unter-Wiek [Dolny Wik] und ein klassizistisches Palais.
Sie können die Stadt von der Silberwiese aus betrachten

Panorama des alten Stettins in seiner ganzen Pracht

Nachdem er die Aussicht von der Silberwiese her genossen hatte, wandte sich Most zum südlichen Ende der Lastadie, um die Stadt aus einem etwas anderen Blickwinkel zu betrachten. Von hier aus hatten die Häuser und Lagerhäuser eine etwas andere Konfiguration. Die Kirchen haben “die Plätze getauscht”. Die Johanneskirche ist auf der linken Seite zu sehen, die Jakobikirche auf der rechten Seite. Der Badepavillon ist nicht zu sehen. Auf der anderen Seite sind die Gebäude am Eingang zur Langen Brücke deutlich zu erkennen.
Wo sind die üppigen Gärten

Einige Jahre später beschloss Most, das Bild von Stettin von Süden aus zu malen, aber nicht vom Hochufer des Tals aus, wie es andere Künstler, wie der bereits erwähnte Ludwig Eduard Lütke, getan hatten. Most zeichnete einen Blick auf die Stadt von einem Garten im ländlichen Vorort Ober-Wiek aus, als ob er damit rechnete, dass dieses Gebiet mit der industriellen Entwicklung der Stadt bald nicht mehr existieren würde. Es ist ihm gelungen, eine vorzeigbare Komposition einzufangen oder vielleicht zu schaffen. Er platzierte die beiden wichtigsten Gebäude der pommerschen Hauptstadt, die St. Jakobikirche und das Schloss, zwischen dem Landhaus und der schönen Reihe hoher italienischer Pappeln, die damals in Mode waren. Die Wohn- und Geschäftshäuser sind nur ein unscharfes Beiwerk dieser historischen Monumente.
Ein Blick auf das andere Ufer der Oder

Bevor Most auf die Idee kam, Stettin hinter dem üppigen Grün von Ober-Wiek zu betrachten, zeichnete er eine Ansicht der Insel, die einst poetisch als Silberne Wiese und heute ganz nüchtern als Kępa Parnicka bekannt ist. Im 16. Jahrhundert war die Insel noch eine Grünfläche. Vielleicht erinnert der Name an ihr früheres Aussehen – weite Wiesen, die im Sonnenlicht silbrig glänzen und den dicken Morgentau beleuchten. Zu Mosts Zeiten war die Insel bereits als Hafenspeicher erschlossen und mit ausgedehnten Flach- sowie Hochhauslagern bebaut.
Exkursion zur Buchheide
Im Sommer 1834 begab sich Most während der Arbeit an dem Projekt für eine mehrseitige Sammelvedute von Stettin an das rechte Ufer des Odertals. Er folgte auf diesem romantischen Ausflug den Fußstapfen vieler Wanderer vor ihm. Vor allem aber wollte er an den Aufenthalt der herzoglichen Brüder Friedrich Wilhelm und Wilhelm, den späteren Königen von Preußen, im Jahr 1821 in dieser Gegend erinnern: an Friedrich Wilhelm IV. und Wilhelm I. Most dokumentierte das Panorama von Stettin vom Rand des Hügels aus gesehen, einschließlich der Gedenk-Eiche, die die Prinzen damals pflanzten. Er zeichnete auch den schmiedeeisernen Zaun, der den Baum umgibt, und schrieb die Inschrift auf, die den Aufenthalt der königlichen Prinzen auf einer ovalen Tafel am Zaun dokumentierte. In der Tiefe zeigte er die Weite des Odertals, das von den Armen des Flusses durchzogen wird. Auf der linken Seite, vor dem Hintergrund einer Reihe von hohen Hügeln, die den linken Hang des Tals bilden, hat Most eine dichte Ansammlung von Stettiner Gebäuden mit den charakteristischen Blöcken der Jakobikirche und der Burg dargestellt. Ein schmaler Streifen der Stadtsilhouette scheint eine Insel in dem weiten Tal zu bilden.
Als Übersetzer waren tätig: Ludwig Most (Bremervörde), Günter Müller (Erfurt), Germany
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