Als Übersetzer waren tätig: Ludwig Most (Bremervörde), Günter Müller (Erfurt), Germany
Wer erleben möchte, wie es ist, zwischen Himmel und Erde zu schweben, muss sich auf die Spuren deutscher Künstler des 19. Jahrhunderts begeben. Wohin? Dorthin wo Ludwig Most auch 1832 war. Auf die Bastei, wo sich das touristische Leben abspielte! In der nächsten Folge ihrer Opo-Geschichten stellt uns Dr. Ewa Gwiazdowska eine ganze Sammlung interessanter Gemäldeund Illustrationen von Künstlern vor: Caspar David Friedrich, den wir bereits gut kennen, aber auch Christian Gottlob Hammer, Johann Christian Clausen Dahl, Adrian Ludwig Richter und Friedrich August Schmidt. Um die Richtigkeit der künstlerischen Darstellungen zu beurteilen, sollte man eine Wanderung in diese Regionen der Sächsischen Schweiz unternehmen, also auf geht’s, Urlaub steht an!
Dr. Ewa Gwiazdowska
Sächsische Schweiz: Auf zur Bastei
EXPEDITION XXVIII
Sehnsucht nach der Ferne

Blick von der Bastei nach Süden, Foto aus dem Internet (alt)
Die Bastei, ein ungewöhnlicher Felsen, der sich direkt über dem Elbtal erhebt und über Brücken zugänglich ist, bietet immer noch einen Blick auf die weite Landschaft. Das Auge des Wanderers reicht weit in die Ferne und der Blick weckt die Sehnsucht zu reisen und zu erkunden, was hinter dem Horizont verborgen ist. Ludwig Most war im späten Frühjahr oder Sommer 1832 hier. Vor und nach ihm haben viele Künstler diesen außergewöhnlichen Ort und das sich von ihm ausbreitende Panorama gewürdigt.
Balancieren über dem Abgrund

Die Künstler wählten verschiedene Motive der Felsengruppe Bastei, um deren Einzigartigkeit zum Ausdruck zu bringen. Johann Christian Clausen Dahl (1788-1857) zeichnete einen über einem Abgrund hängenden Felsenbalkon”. Die Menschen, die dort stehen, befinden sich zwischen Himmel und Erde, fast so, als würden sie im Raum schweben. Schließlich sehen die rissigen Sandsteinschichten nicht wie fester Boden aus. Sie könnten in einem Moment herunterfallen. Aber die Aussicht vom “Balkon” ist so herrlich, dass die Neugierde die Ängste überwindet. Dahls Zeichnung wurde von Friedrich August Schmidt (Ende des 18. Jahrh. – ca. 1850) veröffentlicht. Schmidt, der auch als Grafiker bekannt war, verbreitete auch Ansichten von Stettin, Frauendorf oder Finkenwalde.
Solide Grundlage

Vielleicht war es romantische Phantasie, die Dahl dazu brachte, die Gefahr zu übertreiben. Ein anonymer Kupferstecher, der die Bastei zur gleichen Zeit besuchte, stellte statt eines wackeligen “Balkons” einen steilen, aber soliden Felsvorsprung dar, der einen guten und sicheren Aussichtspunkt bildet, auf dem man sich frei bewegen und unterhalten kann, während man das Bild der schönen Umgebung genießt und die frische, saubere Luft einatmet.
Glücklich ist das Leben eines Touristen

Adrian Ludwig Richter (1803 – 1884), der einige Jahre später auf die Bastei kam, hat das rege touristische Leben dort miterlebt. Die Aussicht war so beliebt, dass am Zielort nicht nur das Zusammensein mit Tierwelt und Landschaft erfreute. Es gab auch andere Attraktionen, die die Wanderer unterhielten. Junge Frauen trugen eine Harfe, deren Klang mit dem des Windes konkurrierte. Eine Gruppe von Studenten begrüßte die Ankunft ihres Ziels mit Freudenrufen und freute sich über die fantastische Landschaft. Ein müder Großfamilienvater erzählte den Kindern von der Geschichte seines Heimatlandes. Die kleinen Jungs fanden es interessanter, mit dem Hund zu spielen.
Wilde Hinterwälder

Der Zugang zur Felsterrasse war lange Zeit gefährlich. Caspar David Friedrich (1774 – 1840) stellte sie in seinem Ölgemälde dar. Die Pforte zum Felsenburg Neurathen malte er sogar als gefährliche Felsenschlucht, die für menschliche Füße unzugänglich ist. Das Erreichen des Gipfels wurde nicht nur durch umgestürzte Bäume erschwert. Der Wanderer war erschrocken über die engen Felsspalten und Abgründe, die ein Weiterkommen unmöglich zu machen schienen.
Eine wackelige Fußgängerbrücke

Dass es in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts einen Zugang zu den Basteifelsen gab, zeigt Friedrichs Zeichnung für das oben beschriebene Gemälde. Der Name Neurathen rührt daher, dass sich die gesamte Felsformation oberhalb der Sommerfrische von Rathen befand. Die Gefahren beim Überqueren der Bastei sind in der Skizze von A.L. Richter dargestellt. Der Abgrund musste über schmale Bohlenstege überquert werden. Nur wenige Wagemutige waren mutig genug, dies zu tun.
Gezähmte Poesie

Die Bastei – eine Besonderheit der Natur – wurde nach dem Bau einer massiven, von Ziegelpfeilern gestützten Holzbrücke im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts für jedermann zugänglich. Seitdem kann jeder dort spazieren gehen und die Schönheit der Umgebung genießen. Christian Gottlob Hammer (1779 – 1864) hat die angenehme Atmosphäre eines Frühlingsmorgens, umgeben von zahmen Felsen, anmutig dargestellt. Gleichzeitig gab es aber auch Kritik. Carl August von Witzleben, unter dem Pseudonym August von Cromlitz, beklagte 1836 in seinen Wanderungen in der Sächsischen Schweiz, dass die Bastei sonntags von Dresdner Bürgern in Scharen besucht werde. Es gäbe zu viele geschminkte Frauen unter ihnen, die mit sich selbst beschäftigt sind, anstatt dem wunderbaren Schauspiel der Natur Aufmerksamkeit zu schenken.
Steinerne Zuwegung

Die Holzbrücke war trotz ihrer starken Stützen nicht sehr haltbar. Außerdem wurde sie wahrscheinlich als zu kontrastreich für das natürliche Terrain angesehen. Daher wurde zwischen 1850 und 1851 eine monumentale Steinbrücke an ihrer Stelle errichtet. Das Bauwerk steht wahrscheinlich im Zusammenhang mit der mittelalterlichen Geschichte der Region, mit den Festungen an der sächsisch-tschechischen Grenze. Dadurch wurde die romantische Ausstrahlung der felsigen Ecke unterstrichen.
Bürgerliche Vergnügungen

Der bequeme Zugang zum Aussichtspunkt auf der Bastei zog nicht nur Wanderer und Sommergäste an. Ihnen folgten Geschäftsleute. Am Eingang zum Wanderweg wurde ein Platz angelegt, auf dem Wirtsleute einen Gastronomiebetrieb aufgebaut haben. Richter erinnerte an die typische Art zu speisen – auf Holzbänken an langen Tischen. Im Hintergrund, am Rande des Platzes, zeigte er eine Gruppe von Menschen, die sich unter einem Unterstand an einem vor Regen oder sengender Sonne geschützten Ort ausruhen. Auf der linken Seite des Platzes dokumentierte er das Aussehen eines anmutigen, klassizistischen Pavillons, in dem sich die wohlhabendere Gesellschaft ausruhte.
Kultur überschattet die Natur

Nach dem Bau der Steinbrücke entwickelten sich mit der Zeit, die “gastronomischen Einrichtungen” noch weiter. Es wurden Kioske eingerichtet, später Restaurants und Hotels. Ein unbekannter Graveur zeigte Tische und Bänke, die im Freien aufgestellt waren und auf denen sich Touristen ausruhten. An den Seiten des Platzes hat er einen hellen Restaurantpavillon mit einer Veranda und ein massives, zweistöckiges Gebäude, wahrscheinlich ein Restaurant mit Hotel, dargestellt.
Gebändigter Felsen

Nicht nur die Aussicht von der Bastei war bewundernswert. Auch die Felsengruppe selbst weckte Neugierde. Für Wanderer, die die Bastei von einem günstigen Standort aus beobachten wollten, ist nun besonders gesorgt. Unterhalb der Bastei-Terrasse, auf einem niedrigeren Felsvorsprung über dem Elbtal, ist ein länglicher Absatz in den Felsboden gemeißelt. Auf dieser “Couch” können Sie bequem sitzen und die gesamte Umgebung bewundern. Sie können die riesigen Felstürme betrachten, die senkrecht über dem Elbstrom aufragen, und das ganze Tal und die umliegenden Hügel, die wie Felsentische aussehen, bestaunen.
Der Felsen-“Wald”

Die herrliche Aussicht auf die Bastei-Felsengruppe konnte man mit dem Auge erfassen, ohne hoch zu steigen. Beeindruckend war dieses “Naturwunder” auch auf dem von den Malern markierten Weg aus zu betrachten, der in den Wehlgrund führt – ein von Felswänden umgebenes Tal. Ein anonymer Druck stellt ein Treffen von Malern dar, die in entgegengesetzte Richtungen gehen. Der Künstler, der im Begriff ist, ein Motiv zu skizzieren, begrüßt seine Kollegen, die von einem Freiluft-Workshop zurückkehren. Im Hintergrund ist eine hölzerne Brücke zu sehen, die hoch oben hängt und einzelne Felstürme miteinander verbindet.
Elbe würdig des Rheins

Berühmt sind die schönen Schluchten des Rheins, die sich durch die steilen Hügel schlängeln und auf denen alte, befestigte Burgen stehen. Auch die Elbschlucht, die sich durch den Sandstein der Sächsischen Schweiz schlängelt, beherbergt viele malerische und bezaubernde Orte. Dazu gehört auch das Gebiet um die Bastei-Felsen. Vom gegenüberliegenden Ufer aus betrachtet, bilden sie eine Wand voller Felszähne. Die Mauer, die sich hoch über dem Fluss erhebt, wächst wie ein Verteidigungswall aus den Hügeln heraus. Der Blick auf die monumentale Struktur der Natur steht in starkem Kontrast zu der landwirtschaftlichen Arbeit der Bauern, die ein anonymer Stecher an einem Sommernachmittag darstellt. Für sie ist diese außergewöhnliche Natur eine unsichtbare alltägliche Realität.
Als Übersetzer waren tätig: Ludwig Most, Günter Müller, Bremervörde, Erfurt (Germany)
Komentarze