Als Übersetzer waren tätig: Ludwig Most (Bremervörde), Günter Müller (Erfurt), Germany
Mit jeder neuen Folge von Dr. Ewa Gwiazdowskas Opo-news mag und respektiere ich die Arbeit von Ludwig Most immer mehr. Ich würde mich freuen, sein Atelier zu besuchen und dem Künstler ein paar Fragen zu stellen. Dies ist jedoch unmöglich. Glücklicherweise können wir den Arbeitsstil des Malers kennenlernen, der viele interessante Gemälde geschaffen hat. Ein solches Beispiel ist Ludwig Mosts Leinwand Blick auf Berlin vom Dach des Alten Museums aus dem Jahr 1830, das im Nationalmuseum in Posen zu sehen ist. Rückblickend können wir sehen, wie sehr sich unsere Welt verändert hat und wie sehr wir uns selbst verändert haben … [J.G.]
Dr. Ewa Gwiazdowska Ludwig Most
Wandern in Berlin und was daraus wurde
EXPEDITION XXXXIV
Ludwig Most studierte Malerei in Berlin an der Königlich Preußischen Akademie der Künste in den zwanziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts. Eines der Themen war das Erlernen des Malens von Landschaften und Stadtansichten. In diesen Jahren wurden Ansichten der Stadt komponiert, die sich auf die Tradition der venezianischen Vedutas beziehen. Hilfreich waren auch die Methoden der Architekten, die neue Gebäude entwerfen. Mosts Lehrer in der Landschaftsklasse war Peter Ludwig Lütke, der Vater des bekannten Schöpfers von Stettiner Panoramen Eduard Ludwig Lütke.
Unerwartete Ansicht
Most lebte in der ersten Periode seines Studiums im Zentrum von Berlin. Wahrscheinlich lief er oft in seiner Freizeit durch die Straßen der Altstadt. Unter seinen Skizzen finden sich jedoch nur wenige Zeichnungen aus Berlin. Vermutlich gibt es keine Notizbücher, in denen es solche Motive gab. Zu den wenigen Ansichten gehören Skizzen eines hohen, unbekannten Gebäudes. Einmal kam Most auf einen kleinen Platz und bemerkte ein größeres Gebäude, das vor einem Haus mit einem Arkadenfenster stand. Die Giebelecken waren mit Akroterien verziert – skulpturale Details aus der griechischen Antike mit Motiven stilisierter Akanthusblätter. So etwas an einem scheinbar unbedeutenden Haus zu sehen, erschien Most als ein Besonderheit, die man schon skizzenhaft festhalten konnte.
Mysteriöses Gebäude
Das Gebäude auf der Karte 5 des Skizzenbuches 1 interessierte den Maler. Nachdem er schnell das Aussehen des Platzes skizziert hatte, ging er zur Fassade über. Es war ein beeindruckendes klassizistisches Gebäude, vor dem auf einer kreisförmigen Terrasse dekorative Pflanzen in Töpfen standen. Der dreieckige Giebel des Gebäudes wurde mit einer hohen Frauenstatue gekrönt. Die Figur, die in einer erhobenen Hand einen Kranz hielt, schien für die Personifizierung des Ruhms geschaffen zu sein. Vielleicht war es geschehen, um einen Liebling der Musen oder den Autor eines herausragenden Werkes, Ehre zu bezeugen. Heute würde ich gern eine Person loben, die in der Lage ist festzustellen, welches Gebäude Most skizziert hat. Auf alten Fotos von Berlin konnte das Gebäude noch nicht identifiziert werden. Auch auf diesem Bild ist ein markanter Eckakroter, wie auf der Skizze zuvor beschrieben, zu sehen – aber hier in einer detaillierteren Darstellung.
Besuch des repräsentativen Platzes
Als Most 1827 durch Berlin spazierte, verbrachte er viel Zeit auf einem repräsentativen Platz, dem Gendarmenmarkt. Er war beeindruckt von dem Französischen Dom, der 80 Jahre nach dem Bau der französischen Friedrichstadtkirche unmittelbar im Anschluss an diese Kirche errichtet wurde. Die Friedrichstadtkirche wurde von französischen Glaubensflüchtlingen, den Hugenotten, zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts, erbaut. 1785 wurde auf Veranlassung Friedrich II unter dem Aspekt einer Prachtentfaltung des Gendarmenplatzes der Kuppelturm mit den vorgesetzten Säulenportiken an diese Kirche angebaut. Eine Nutzung für Gottesdienste war für den Anbau zu keiner Zeit vorgesehen. Mit dem “Dombau” wurde auf griechische Tempel Bezug genommen. Um die Wirkung des Gebäudes zu unterstreichen, wurde der hochbarocker Turm in das städtebauliche Ensemble eingefügt. Most, begeistert von dem Gebäude, zeichnete fleißig ihre Details. Er ließ nicht einmal das Tympanon (Flachrelief) aus, das das Giebeldreieck schmückt. Er skizzierte die Kirche mit dem angebauten “Dom” von der Seite, um die ganze Silhouette zu zeigen. Er zeichnete auf der Karte auch zwei männliche Figuren, die arm aussahen. Ich denke, solche Leute warteten vor der Kirche auf die Unterstützung der barmherzigen Gläubigen.
Most klettert auf das Berliner Dach
In den Jahren 1829 und 1830 schuf Most eine Reihe von Zeichnungen mit einem bestimmten künstlerischen Zweck. Die erste der Skizzen zeigt eine Skulptur eines nackten jungen Mannes mit einem Umhang, der von seiner Schulter fällt. Der Mann streckt seine Hand aus und zähmt das Ross. Diese Figur ziert das obere Dach des Alten Museums, des ältesten Museumsgebäudes auf der Berliner Museumsinsel. Die Skulptur stellte einen der Dioskuren, Castor oder Pollux dar. Beide Zwillingsbrüder waren als Rossebändiger an den Enden des Rotundenaufbaues vom Alten Museum zu bewundern. Um die Arbeit von hinten zu skizzieren, musste Most auf das Dach des Museums gelangen.
Einsame Romantik
Vermutlich wurde Most bei der Arbeit auf dem Dach des Museums auf einen jungen Mann aufmerksam, der vor ihm stand. Der junge Mann, gestützt mit einem Ellbogen auf einen Geländerstab, starrt in die Ferne. Es muss ein sonniger Tag gewesen sein, denn er hob seine Hand, um seine Augen vor dem grellen Licht zu schützen. Mosts Blick wurde wahrscheinlich von seinem Outfit und seiner Silhouette angezogen, die den Helden von Caspar David Friedrichs romantischen Landschaften ähnelten. Ähnliche Silhouetten sind zum Beispiel in Friedrichs Gemälde “Sonnenuntergang am Meer” von 1821 zu sehen, das in der Sammlung der Eremitage in St. Petersburg aufbewahrt wird.
Ein sensibles Lernen zu schauen
Bei einem Besuch des Aussichtspunktes, wahrscheinlich auch auf dem Dach des Museums, fertigte Most eine Zeichnung einer Mutter mit ihrem Sohn an. Die Frau ist sehr damit beschäftigt, ihrem Nachkommen beizubringen, die Landschaft in der Ferne zu beobachten. Sie kniet mit einem Bein und umarmt das Kind und zeigt mit ihrem Finger auf etwas. Gleichzeitig erzählt sie ihrem Sohn, was es ist. Der Junge starrt mit angespannter Aufmerksamkeit auf die gleiche Stelle. Most schaffte es auf einer kleinen Skizze, die Psyche der Figur und die Stimmung des Augenblicks getreu zu vermitteln.
Most beobachtet einen fleißigen Gesellen bei der Arbeit
In einer unbekannten Werkstatt beobachtete Most einen Gesellen, der auf den Bodenbrettern kniet. Der junge Mann beugt sich nach vorn und beobachtet genau etwas. Er scheint darauf zu warten, bis er an der Reihe ist, eine Arbeit zu verrichten. Er trägt eine lange Arbeitschürze, die seine Hose bedeckt. An den Wänden des Raumes hängen zwei Gewichtsuhren mit einem Kuckuck. Einer der Zeitmesser ist vorn und der andere seitlich sichtbar.
Berliner Bauarbeiter
Die letzte der bekannten Skizzen, die sich auf ein Gemälde bezieht, zeigt einen Bauarbeiter während der Arbeit. Der Mann lehnt sich stark nach vorn und hebt ein langes, schweres Brett an. Gleichzeitig hebt er den Kopf, um zu schauen, wo genau dieses Brett platziert werden soll. Most richtet den Fokus auf das Gesicht des Arbeiters und spiegelt seine Mühe gut wider, was durch verschwitztes, stumpfes Haar belegt wird. Auf dem folgenden Bild finden wir ihn wieder, auf einer zum Dach führenden Treppenstufe stehend.
Sonniges Panorama von Berlin
Die oben besprochenen Skizzen entpuppten sich als mehrere vorbereitende Zeichnungen für das Bild des damaligen Zentrums Berlins. Most stellte die Stadt vom Königsschloss auf der linken Seite bis zum Arsenal auf der rechten Seite dar. Auf der Vedute erinnerte er unter anderem an die von Karl Friedrich Schinkel errichteten Neubauten. Im Vordergrund befindet sich eine Aussichtsplattform über dem Rotundenaufbau des Alten Museums. In der Mitte des Bildes ist ein neugotischer Backsteintempel, die Friedrichswerdersche Kirche, zu sehen. Diese von Schinkel erbaute Kirche war zum Zeitpunkt der Schaffung des Mostschen Bildes gerade erst kurz vor ihrer endgültigen Fertigstellung. Der Kuppelturm des Französischen Domes, dessen Skizze auf der Seite 4 vorgestellt wurde, und der links davon befindliche Kuppelturm des Deutschen Domes am Gendarmenmarkt sind hinter dem auf der rechten Bildseite sichtbaren Zeughaus erkennbar. Zwischen den beiden Kuppeltürmen am Gendarmenmarkt sieht man die große Kuppel der St. Hedwigs-Kathedrale, die von Knobelsdorff geplant wurde. Most arbeitete an an dem Bild hauptsächlich während der Zeit, als das Museum errichtet wurde. Das Gebäude der Musen eröffnete seine Tätigkeit am 3. August 1830, und die Gemäldekomposition wurde auf der Jahresausstellung der Akademie der Künste gezeigt, die am 19. September eröffnet wurde. Mosts Werk kann auch als eine Verherrlichung von Schinkels Werk betrachtet werden. Aber Most selbst hatte etwas, womit er sich rühmen konnte. Sein Gemälde war Eduard Gärtners weithin bekanntem Panorama von Berlin, von dem ein Fragment als Titelbild dieses Expeditionsberichtes sichtbar ist, vier Jahre voraus. Gärtner stellte die Hauptstadt Preußens vom Dach der Friedrichswerderschen Kirche aus dar. So hatten beide Maler Schinkel viel zu verdanken.
Als Übersetzer waren tätig: Ludwig Most (Bremervörde), Günter Müller (Erfurt), Germany
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